Klootschießen

Klootschießen

von Redaktion
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Traditionelle Kugelsportart in Niedersachsen

Klootschießen gehört zu den traditionellen Kugelsportarten in Norddeutschland, es wird überwiegend in Ostfriesland und Oldenburg sowie in Schleswig-Holstein gespielt. Auch in den Niederlanden hat dieser Sport einen hohen Stellenwert. Dabei gilt es, die Klootkugel von einem Abwurfpunkt so weit wie möglich zu werfen. Unterschieden wird in die Varianten Feldkampf und Standkampf. Da die Technik des Klootschießens sehr anspruchsvoll ist, wird die Sportart bevorzugt als Wettkampf-Disziplin betrieben. Sowohl nationale als auch internationale Wettkämpfe werden im Klootschießen ausgetragen. In der Grafschaft Bentheim ist das Kloatscheeten verbreitet, das sich wie die niederländische Variante von Klootschießen anhört, bei dem jedoch ein anderes Wurfgerät zum Einsatz kommt und das in der Durchführung eher dem Boßeln gleicht.

Das Wurfgerät – die Klootkugel

Die Klootkugel besitzt klassisch einen Korpus aus Hartholz, der mit Blei gefüllt ist. Alternativ kommen heute auch bleigefüllte Kunststoffkugeln zum Einsatz. Es finden sich verschiedene Ausführungen, die sich regional und je nach Variante des Klootschießens hinsichtlich Größe und Gewicht unterscheiden. So gibt es z. B. den ostfriesisch-oldenburgischen Holzkloot mit einem Durchmesser von 58 mm und einem Gewicht von 475 g. In Schleswig-Holstein ist eine Klootkugel mit 58 mm Durchmesser gut 25 g schwerer. Die „Hollandkugel“ bezeichnet die Wurfkugel für den Feldkampf bei internationalen Wettwerben. Sie hat einen Durchmesser von 65 mm und wiegt 300 g. Für Frauen und Jugendliche finden sich Klootkugeln mit entsprechend geringeren Maßen.

Was ist Klootschießen? Feldkampf und Standkampf

„Lüch up un fleu herut“ (Hebe auf und fliege weit hinaus!) – Unter diesem Wahlspruch fliegt die Klootkugel, entweder im Feldkampf oder im Standkampf. Beide Varianten werden anhand der ostfriesischen bzw. oldenburgischen Praxis erläutert. Der Feldkampf ist die eher verbreitete und traditionelle Art des Klootschießens. Wie die Bezeichnung schon vermuten lässt, wird diese Disziplin auf Feldern und Wiesen über eine Strecke von sieben Kilometern ausgetragen und zwar bei frostigem Winterwetter. Zwei Mannschaften mit jeweils sieben Spielern treten gegeneinander an, jeder Spieler hat vier Würfe.

Die Klootkugel ist von einem ersten, definierten Abwurfpunkt so weit wie möglich zu werfen. Damit das gelingt, nimmt der Werfer einen längeren Anlauf auf eine Abwurframpe und springt dann ab, wobei er die Kugel wirft. Um nicht auf dem glatten Boden auszurutschen, sind die Anlaufstrecke bis zur Rampe und ein Teil hinter der Rampe mit einer griffigen rutschsicheren Matte ausgelegt. Matte und Rampe werden als „Klootschießerbahn“ bezeichnet.

Gemessen wird die Wurfstrecke zwischen Abwurfpunkt und Aufprallpunkt, wobei die Ausrollstrecke, der sogenannte Trüll, mitgezählt wird. Der Trüll ist auch der bedeutende Grund, warum der Feld- oder Wiesenboden gefroren sein muss. Die Stelle, an der die Kugel des ersten Werfers ausgerollt ist, markiert dann den neuen Abwurfpunkt für den Teilnehmer der gegnerischen Mannschaft. Und so geht es weiter. Die Klootschießerbahn muss dementsprechend nach jedem Wurf umgesetzt werden. Gewonnen hat die Mannschaft, die am Ende die größte Distanz zurückgelegt hat.

Im Standkampf ist die Wurfweite jedes einzelnen Teilnehmers entscheidend. Der Trüll wird in dieser Disziplin nicht gewertet, nur die Strecke bis zu dem Punkt, an dem die Kugel aufschlägt. Daher kann der Standkampf auch auf einer ungefrorenen Weide oder auf einem Sportplatz stattfinden. Alle Teilnehmer spielen in mehreren Runden gegeneinander. Es gibt einen festen Abwurfpunkt, an dem die Klootschießerbahn aufgestellt ist. Im Endergebnis werden die gemessenen Wurfstrecken eines jeden Teilnehmers addiert. Sieger ist der Teilnehmer mit der höchsten Summe aus seinen einzelnen Würfen.

Klootschießen ist weitaus älter das Boßeln, weshalb viele friesische Vereine sich heute noch als Klootschießervereine bezeichnen, obgleich sie beide Sportarten anbieten.

Der wesentliche Unterschied zum Boßeln besteht in der besonderen Wurftechnik und dem perfekt koordinierten Bewegungsablauf.

Der Werfer nimmt über eine Strecke von ca. 25 m Anlauf auf die Rampe, reißt den Wurfarm nach hinten und schleudert die Klootkugel, mit komplexen  Drehbewegungen von Schulter und Arm, unter der Hand weg, während er abspringt. Diese  Technik heißt Flüchterschlag und wird in Ostfriesland und Oldenburg praktiziert. In Schleswig-Holstein ist der Rundschlag (Drehwurf) gebräuchlich. Hier gibt es keine Rampe, der Werfer nimmt mit dem seitlich ausgestreckten Wurfarm wenig Anlauf, dreht sich dann einmal um seine eigene Achse und lässt die Kugel los, ähnlich wie beim Diskuswerfen.

Wie es sich für echte Traditionen gehört, dürfen sie auch in beliebten TV-Serien nicht fehlen. Und so ist dem Kultsport ein Titel der ZDF-Krimireihe Friesland gewidmet. In „Friesland: Klootschießen“ (2016) spielt die Klootkugel zwar eher eine Nebenrolle, aber der Titel macht in jedem Fall neugierig und freut die Anhänger des Traditionssports.

Geschichte des Klootschießens

Die Friesen setzten früher Klumpen aus dem schweren Marschboden (Klei) als Wurfgeschosse, mit denen sie auf Gegner oder Schiffe zielten, ein. Diese Erdklumpen werden im Niederdeutschen als Kloot bezeichnet. Daraus hat sich vermutlich das Klootschießen als regionale Kugelsportart entwickelt. Erstmals wurde das Klootschießen im 17. Jahrhundert von niederländischen Deichbauern in Schleswig-Holstein eingeführt, in Ostfriesland ist es im 18. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt worden, dürfte aber hier schon weitaus länger bekannt gewesen sein. In den Anfängen zeigte sich das Klootschießen als Kräftemessen ohne Regeln zwischen den männlichen Bewohnern von rivalisierenden Dörfern. Dabei ging es auch nicht zimperlich zu, weshalb Schlägereien dem Erdklumpenwerfen folgten, was zu einem offiziellen Verbot führte. Im 19. Jahrhundert begann sich das Klootschießen als Sport mit klaren Regeln zu etablieren, was nach und nach zur Gründung von Vereinen und Verbänden führte. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der Friesische Klootschießer-Verband (FSV) ins Leben gerufen. Darüber hinaus findet sich der Klootschießerverband Oldenburg (KLV). Auf Tradition begründet, ist der Klootschießer-Feldkampf zwischen Ostfriesland und Oldenburg, die ihre alte Rivalität hier sportlich austragen.

Abgrenzung zum Kloatscheeten

Auch wenn sich die Bezeichnung dieser traditionellen Sportart wie eine niederländische Version von Klootschießen anhört, so handelt es sich doch um eine eigenständige Kult- und Volkssportart, die im Emsland, insbesondere in der Grafschaft Bentheim, verbreitet ist. Es gibt die Hobby- und die Sport-Kloatscheeter, letztere sind in der bekannten Nordhorner Sportkloatscheeter Vereinigung (NSKV) organisiert.

Über die Herkunft und Geschichte des Kloatscheetens ist wenig bekannt, es gibt aber eine Erwähnung in historischen Kirchenprotokollen der Gemeinde Bad Bentheim von 1630 und 1631, in denen vom „Spiel mit Bollen und Kloet“ die Rede ist. Als Sportart wurde das Klootschießen erstmals 1913 auf dem Deutschen Turnfest in Leipzig vorgestellt.

Der „Kloat“ ist eine abgerundete Scheibe aus Kunststoff mit einem Bleikern. Der Durchmesser der 40 bis 45 mm dicken Scheibe beträgt zwischen 70 und 80 mm, das Gewicht liegt zwischen 380 und 450 g je nach Ausführung. Mit der Unterschulterwurftechnik wird die Bleischeibe so weit wie möglich geworfen, das Ausrollen wird hier zum Aufprallpunkt dazugezählt, um die Wurfweite zu ermitteln.

Als Austragungsort für das Kloatscheeten kommen entweder unbefestigte Wald- und Feldwege oder Straßen in Frage. Die festgelegte Wegstrecke heißt „Padd“ und wird zuvor von den Teilnehmern inspiziert und „gelesen“, um den Wurfverlauf und das zu erreichende Ergebnis besser einschätzen zu können. Zwei Mannschaften spielen gegeneinander, wobei entweder eine bestimmte Anzahl von Würfen oder ein Zielpunkt im Vorhinein festgelegt werden. Die Mannschaft, die nach den vereinbarten Würfen am weitesten vorne liegt bzw. den Zielpunkt zuerst erreicht, hat gewonnen. Kloatscheeten ist heute kein reiner „Wintersport“ mehr, er wird in der Grafschaft Bad Bentheim ganzjährig ausgeübt.

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