Mockturtlesuppe aus Niedersachsen

Mockturtlesuppe

von Redaktion
3 Minuten Lesedauer

Deutsch-britische Spezialität aus dem Ammerland

Die nachgemachte oder falsche Schildkrötensuppe – Mockturtlesuppe – kann man als britisch-niedersächsische Gemeinschaftsproduktion bezeichnen, wobei es ein Koch aus dem Ammerland war, der die Ersatz-Delikatesse einst als niedersächsische Spezialität weiterentwickelt hat. Auch in Oldenburg findet sich ein eigenes Rezept für die falsche Schildkrötensuppe, die in Abwandlung an die echte Schildkrötensuppe mit Fleisch vom Schwein, Rind oder Kalb sowie Innereien zubereitet wird. Neben der frisch hergestellten Suppe sind die Mockturtle-Feinkost-Konserven aus Niedersachsen ein Highlight für Fans der außergewöhnlichen Küche und überregional beliebt.

Von der echte zur falschen Schildkrötensuppe – ein geschichtlicher Abriss

Die echte Schildkrötensuppe, die Fleisch der grünen Meeresschildkröte (nach ihrer Verwendung auch Suppenschildkröte genannt) enthält, hat ihren Ursprung in England. Die dort im 18. Jahrhundert erfundene Kreation für den gehobenen Gaumen avancierte schnell zur Königin der Suppen an den europäischen Könighöfen. Die erlesene Delikatesse zeichnete sich durch ihren exotisch pikanten Geschmack, den feinwürzigen Geruch und ihre bernsteinbraune Farbe aus. In England fanden sich neben dem Original auch Varianten mit Namen „Lady Curzon“ und „Sir James“, die mit Curry oder Madeira verfeinert wurden. Zudem ist eine Variante mit Sterletfleisch, Sterletklößchen und Aalruttenleber bekannt.

Der steigende Verzehr von Schildkrötenfleisch sorgte allerdings schon zum Ende des 19. Jahrhunderts für eine Bedrohung der Art, was die Suppe zunächst aber nur teurer und exklusiver machte. Zwischen Großbritannien und Hannover bestand in der Zeit von 1714 bis 1837 die so genannte Personalunion. Dadurch regierten der Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg  bzw. der König von Hannover auch als Könige von Großbritannien. Im Zuge der Kontinentalsperre, die durch Napoleon in der Zeit von 1806 bis 1813 verhängt wurde, bestand ein Einfuhrverbot für Schildkrötenfleisch nach England und Deutschland. In Großbritannien wie auch in Niedersachsen wurde nach einem Ersatz für die hochwertige Speise gesucht und in Form der Mockturtlesuppe/Mockturtlesoup auch gefunden. Als Fleischeinlage für die Suppe mit klarer Brühe, Champignons, Gewürzen dienten nun Kalbskopf und Kalbszunge (gekocht). Fischklösschen und Madeira-Wein konnten nach Belieben hinzugefügt werden.

Die Mockturtlesuppe wurde Bestandteil der niedersächsischen Landesküche und kennt heute verschiedene regionale Varianten, allen voran die Ammerländer und die Oldenburger Mockturtlesuppe.

Während die falsche Oldenburger Schildkrötensuppe bevorzugt mit Kalbfleisch zubereitet wird, wählen die Ammerländer zartes Rind- und Schweinefleisch und dazu Innereien von Rind und Schwein wie das Herz.

Noch eine Anmerkung zur originalen Schildkrötensuppe. Die Suppenschildkröte steht seit 1988 unter Artenschutz, weshalb die Herstellung von Suppenzubereitungen mit dem Fleisch dieser Tiere nicht mehr gestattet ist. Zu den größten Herstellern weltweit für echte Schildkrötensuppe in Form von Feinkost-Konserven gehörte die deutsche Firma Lacroix mit Sitz in Frankfurt-Niederrad, die in den Wirtschaftswunderjahren bis zu 250 Tonnen der Spezialität herstellte. 1979 übernahm die renommierte amerikanische Campbell Soup Company das Unternehmen, die bis 1984 noch Schildkrötensuppe produzieren ließ.

Die nachgemachte Schildkrötensuppe in Dosen für Touristen und Einheimische

Bis zum ersten Weltkrieg galt die nachgeahmte Schildkrötensuppe beim „gemeinen Volk“ als Festtagsspeise. Die Zubereitung war zeitintensiv und benötigte eine Menge guter Zutaten. Das brachte wenige Zeit später findige Fleischereien  in der Ammerländer und Oldenburger Region dazu, die Suppe im großen Stil zu konservieren. Und so entwickelte sich die Mockturtle Dosensuppe zu einer begehrten und schnellen Alltagspezialität für Einheimische und zum liebgewonnenen Souvenir für Touristen und Gäste. Die Oldenburger Fleischerei Hartz brachte erstmals in den 1920er Jahren die pikante falsche Schildkrötensuppe als Konserve auf den Markt. Die Ammerländer Schinkendiele ist für ihre echte Ammerländer Mockturtlesuppe in Dosen bekannt.

Das Rezept für alle, die selbst Hand an die falsche Schildkrötensuppe legen wollen

Wer Zeit, Lust und Muße hat, darf sich gerne selbst an die Zubereitung der schmackhaften, raffinierten Suppe machen. Benötigt werden für einen großen Topf und viele Genießer entweder 750 g Kalbshaxe oder eine Mischung aus je 200 g Rindfleisch, Schweinefleisch und je 200 Rinderherz bzw. Schweineherz. Das Fleisch wird mit einem Bund klein geschnittenem Suppengrün, einem Lorbeerblatt, drei Wacholderbeeren in leicht gesalzenem Wasser angesetzt und sollte nun zwei Stunden köcheln, bis sich das Fleisch leicht vom Knochen lösen lässt. Anschließend wird das Fleisch in kleine Würfel geschnitten und beiseite gestellt. Die Brühe wird durch ein Sieb gegossen.

Für den pikanten Geschmack werden Schalotte, Karotte und zwei bis drei Scheiben Knollensellerie geputzt und klein geschnitten. Erhitzen Sie nun 80 g Butterschmalz in einer Pfanne, geben Sie 100 g rohen, in Streifen geschnittenen Schinken sowie das Gemüse dazu und rösten Sie die Zutaten an. Streuen Sie 30 g Mehl darüber und verrühren Sie alles gut. In die angebräunte Mehlschwitze geben Sie nach und nach den Fleischfond, so dass eine cremige Suppenkonsistenz erreicht wird. Die Suppe sollte jetzt noch etwa 20 Minuten kochen, bevor sie mit Salz, Pfeffer, Zitronensaft und einem Glas Madeira abgeschmeckt wird. Schwitzen Sie 250 g geputzte und in Streifen geschnittene Champignons kurz in Butter an und geben Sie diese zusammen mit den Fleischwürfeln in die Suppe. Guten Appetit!

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