Europäischer Flussaal vom Aussterben bedroht
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Niedersachsen ist größter Aalerzeuger

von Michael Weber
3 Minuten Lesedauer

Der Europäische Flussaal ist vom Aussterben bedroht

In Niedersachsen existieren 134 Aquakulturbetriebe. Diese “Fischfarmen” haben im Jahr 2015 nach Angaben des Statistischen Landesamtes zusammen rund siebentausend Tonnen Fisch erzeugt. Das entspricht einer Steigerung um mehr als 13 Prozent. Fast viertausend Tonnen fallen dabei auf Muscheln, immerhin 66 Tonnen auf Kaviar.

Speziell beim beliebten Aal ist Niedersachsen der wichtigste Produzent. 1.146 Tonnen des Europäischen Aals haben die niedersächsischen Aquakulturbetriebe im letzten Jahr in den Handel gebracht. Dieser Erfolg ist jedoch zweischneidig. Denn der Fisch ist vom Aussterben bedroht. Allerdings ist gerade deshalb die Fischerei ein wahrscheinlicher Garant für den Erhalt.

Aquakultur als Rettung für den Aal?

Niedersachsen ist laut Statistischem Landesamt mit Abstand der größte Aalerzeuger aus Aquakulturen. In den letzten Jahren gab es zweistellige prozentuale Steigerungsraten. Vor dem Hintergrund des rapide einbrechenden Fischbestandes des Aals klingt das kurios. Denn der Europäische Flussaal steht inzwischen auf mehreren Listen über vom Aussterben bedrohter Tierarten. Bis zu 99 Prozent seines Bestands sind verschwunden.

Die Gründe sind vielfältig. Unter anderem gehören der Schwimmblasenwurm, die baulichen Veränderungen der Flüsse und die jahrzehntelange Überfischung dazu. Da Aale sehr alt werden können und nur einmal im Leben in der weit entfernten Sargassosee laichen und damit Nachwuchs zeugen können, gibt es derzeit nur wenig Hoffnungen für den in Fachkreisen Anguilla anguilla genannten schlangenähnlichen Fisch. Zu stark ist der Bestand schon eingebrochen. Genau deshalb ist aber der Besatz von Gewässern mit Jungaalen und damit die Fischerei so wichtig für den Erhalt der Art. Das Thema ist komplex und hängt an zwei Dingen. Zum einen gibt es keinen gezüchteten Nachwusch, zum anderen finanziert die Fischerei den Besatz der Gewässer. Am Ende erhalten die Angler und Fischer in Niedersachsen auf diese Weise den Europäischen Aal, da sie von den aus der Sargassosee stammenden Jungaalen einen Teil kaufen und in Aquakulturen groß ziehen.

So vermehren sich Aale – so hält sich der Bestand

Die Vermehrung der Alle ist bisher sehr wenig erforscht. Der Europäische Flussaal wird nach vier bis 20 Jahren geschlechtsreif. Setzt die Geschlechtsreife der sogenannten Gelbaale ein, bilden sich langsam die Verdauungsorgane zurück und die Fische machen sich auf in die Sargassosee im Osten von Nordamerika. Jetzt bezeichnet man sie wegen der grauen Färbung als Blankaale. Auf dem Weg nehmen sie praktisch keine Nahrung mehr zu sich. Am Ziel kommt es zur Befruchtung und die Alttiere sterben. Die sogenannten Larven schwimmen “zurück” und werden bei Eintreffen an der europäischen Küste Glasaale genannt.

Nun kommt es zum schwierigen Moment. Speziell in Südosteuropa und Großbritannien werden diese Glasaale abgefischt und verzehrt. Früher wurden die Glasaale sogar nach Südostasien exportiert, was inzwischen jedoch verboten ist. Ein weiterer Teil der Jungfische stirbt an baulichen Veränderungen (ungeschützte Turbinen u. ä.) bei dem Versuch, die Flüsse zurückzuerobern. Und ein weiterer Teil wird gefangen und in Aquakulturen gezogen. Dieser Teil gelangt dann als künstlich hinzugefügter Besatz in Flüsse und Seen. Verantwortlich sind dabei die Anglervereine und Fischereivereinigungen. Diese begleichen auch die Kosten, teilweise gibt es Förderungen. Mehrere Hunderttausend Euro investieren die Vereine jedes Jahr nach Aussagen des Landessportfischerverbandes Niedersachsen, um die Population durch Zukauf von Glasaalen zu stützen.

Die Aquakulturbetriebe sorgen daher im gewissen Sinne für einen Erhalt des Bestandes. Da sie rund 20 Prozent der jungen Alle vor anderen Gefahren schützen, gelangen diese wieder in die Gewässer. Da bisher keine Zucht mit Aalen gelang, ist das Fangen und Einsetzen der Glasaale die einzige Chance, die Aalproduktion zu erhalten. Da die älteren Alle dann zum Teil dennoch wieder in die Sargassosee abwandern, schließt sich ein Lebenszyklus.

Aal – seltene Spezialität mit ungewisser Zukunft

Ungeklärt ist bisher, ob diese Art des Produktionserhalts auch ein nachhaltiger Bestandserhalt ist. Experten vermuten, dass die Aquakulturbetriebe nicht nachteilig auf den Bestand wirken. Das scheinen indirekt die wachsenden Produktionsmengen Niedersachsens zu belegen. Sollte der Bestand aber parallel weiter sinken, müssen andere Wege zum Erhalt gefunden werden. Schwerer wiegen jedoch die Gefahren durch unnatürliche Hindernisse in Flüssen, Dioxine im Wasser sowie durch den Schwimmblasenwurm. All das dezimiert die Zahl der Aale drastisch. So hat der Bestand hat einen Tiefpunkt erreicht und lässt sich durch Züchtung nicht retten. Würde der Aal aus den europäischen Flüssen verschwinden, wäre das ein harter Schlag.

Von diesem Schicksal des Aals wissen die wenigsten Menschen. Ihnen ist der Fisch nur als Delikatesse bekannt. Denn das fette Fleisch des Aals eignet sich hervorragend zum Räuchern und macht den Fisch zu einer beliebten Spezialität in Niedersachsen. Es bleibt zu hoffen, dass sich das in den kommenden Jahrzehnten nicht ändern wird.

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