In Zeiten wachsender Unsicherheit besinnt sich die Bundesregierung auf die Altlasten des Kalten Krieges und will verlassene Luftschutzbunker reaktivieren. Diese Entscheidung wirft Fragen auf: Steht Deutschland vor einer neuen Sicherheitslage?
Die Rückkehr ungenutzter Schutzräume
Viele alte Bunker lagen Jahrzehnte unbeachtet im Untergrund, von Hausverwaltungen längst abgeschrieben. Ich erinnere mich an einen Spaziergang durch Berlin-Charlottenburg, als ein Nachbar stolz erzählte, wie sein geerbter Betonbau aus den 1950er Jahren plötzlich wieder zum Gesprächsthema wurde. Behörden und Kommunen haben inzwischen hunderte solcher Anlagen gesichtet und prüfen, ob sie für den Zivilschutz wiederhergerichtet werden können.
Technische Modernisierung und Kapazitäten
Ein Großteil der alten Luftschutzbunker entspricht nicht mehr modernen Standards: fehlende Belüftung, marode Stromleitungen, kaum sanitäre Anlagen. Jetzt sollen Ingenieure und Techniker unter Federführung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) nicht nur die Bunker enttrümpeln, sondern Notstromaggregate, Frischluftfilter und moderne Kommunikationssysteme installieren. Geplant ist, dass jeder Standort künftig mindestens 200 Menschen Schutz bietet – und mit modularen Wänden auch flexibler genutzt werden kann.
Behördliche Pläne und Zeitrahmen
Laut Regierungsentwurf müssen die ersten 50 Standorte bis Ende 2026 einsatzbereit sein. Die Sanierungskosten belaufen sich auf rund 500 Millionen Euro. Gemeinden wie Köln und Leipzig haben bereits Pilotprojekte gestartet, in denen sie ihre Bunker in Testläufen begehen und Belüftungssysteme prüfen. Die Modernisierung umfasst dabei nicht nur Technik, sondern auch Beschilderung und Zugangswege, damit im Ernstfall jeder weiß, wo der nächste Schutzraum liegt.
Bürger in der Pflicht: Übungen und Information
Einmal jährlich soll es künftig bundesweite Zivilschutz-Übungen geben, bei denen Freiwillige lernen, wie man im Falle eines Angriffs den Bunker erreicht und sich richtig verhält. In meiner Nachbarschaft organisierte der örtliche Katastrophenschutz kürzlich einen Infoabend zu Fluchtwegen und Notfallrucksäcken – und die Resonanz war überwältigend. Denn nur wenn Bevölkerungsschutz gelebt wird, kann der Umbau der Bunker seine Wirkung entfalten.
Ist eine neue Kriegsgefahr real?
Die unmittelbare Nähe zum Konflikt in der Ukraine hat das Bewusstsein in Berlin und Bonn geschärft: Zwei Stunden Flug sind keine weite Distanz mehr. Auch wenn die Bundesregierung betont, es handele sich um reine Vorsorge, spüren viele Bürger eine leise Sorge. Ein Freund, der als Journalist in Polen tätig ist, berichtete neulich von Aufgriffen russischer Spionagesatelliten in seinem Zuständigkeitsgebiet. Solche Berichte nähren die Diskussion um die Notwendigkeit dieser Schutzmaßnahmen.
