Deutschland gedenkt des 35. Jahrestages des Falls der Berliner Mauer

von Otto Hofmann
3 Minuten Lesedauer

Tausende feierten am Samstag in Berlin den 35. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer und des anschließenden Zerfalls des ehemaligen kommunistischen Ostdeutschlands und schließlich der Sowjetunion, der zur deutschen Wiedervereinigung führen würde.

Viele legten am Samstag Blumen in einem seltenen verbliebenen Teil des Bauwerks auf dem Gelände der Gedenkstätte Berliner Mauer in Berlin nieder, darunter auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck besuchte die Gedenkfeierlichkeiten.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (links) nimmt an einer Blumenniederlegung anlässlich des 35. Mauerjubiläums auf dem Gelände der Gedenkstätte Berliner Mauer, Berlin, Deutschland, Samstag, 9. November 2024, teil.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier leitete die Gedenkveranstaltungen und sprach in Berlin

Und in einer Ausstellung, deren Aufbau etwas länger gedauert hat, einer Kunstinstallation aus mehr als 5.000 Plakaten auf einer Länge von rund 4 Kilometern – angefertigt von Kindern und Erwachsenen gleichermaßen unter einem Motto, das grob übersetzt „Wir halten die Freiheit hoch“ bedeutet – markierte den Weg der Struktur, die einst die deutsche Hauptstadt teilte.

Zu diesen Schildern gehörten Botschaften wie „Eine Mauer soll schützen, nicht spalten“, „Meinungsfreiheit ohne Hass“ und „Freiheit ist kein Geschenk“.

Eine Reihe von Plakaten und Plakaten, die den früheren Verlauf der Berliner Mauer darstellen und anlässlich der Gedenkfeierlichkeiten zum 35. Jahrestag ihres Falls aufgestellt wurden. 9. November 2024.
Ein Projekt in diesem Jahr war die Errichtung einer „Mauer“ aus Plakaten, Plakaten und anderen Friedens- und Freiheitsbotschaften entlang des ehemaligen Verlaufs der Trennlinie in der deutschen Hauptstadt

Geplant war auch eine Reihe von Konzerten, die das bieten sollten, was die Organisatoren als „Soundtrack der Freiheit“ bezeichneten. Die Konzerte umfassten alles von ostdeutschem Rock bis zu David Bowie, der bekanntermaßen Zeit im geteilten Berlin verbrachte, und gipfelten am Sonntag mit einem Auftritt der russischen Protestgruppe Band „Pussy Riot“.

Scholz nennt Wiedervereinigung „einen Sieg für ganz Europa“

Bundeskanzler Olaf Scholz, den der plötzliche Zusammenbruch seiner Koalition derzeit wohl mehr beschäftigt, veröffentlichte am Samstag eine Videobotschaft zum Gedenken an den Jahrestag.

In Anspielung auf die demokratiefreundlichen Bewegungen und Proteste in weiten Teilen Osteuropas davor sagte Scholz: „Der Sieg der Freiheit im Herbst 1989 war ein Sieg für ganz Europa.“

„Der Fall der Berliner Mauer vor 35 Jahren war der glückliche Höhepunkt einer europaweiten Bewegung“, sagte er und nannte den 9. November „einen Tag der Freude, für den wir Deutschen bis heute dankbar sind.“

Er sagte auch, die „Revolution der Freiheit“ von 1989 habe eine Kernbotschaft, die nach wie vor aktuell sei: „Mut, Zuversicht und Solidarität zahlen sich aus. Gegeneinander erreichen wir nichts, nur gemeinsam sind wir stark.“

Berlins Regierender Bürgermeister: „Freiheit und Demokratie waren nie selbstverständlich“

An der Gedenkstätte Berliner Mauer sprachen Berlins Oberbürgermeister Kai Wegner und am Samstag auch Bundespräsident Steinmeier.

„Halten Sie die Freiheit hoch, denn ohne Freiheit zählt nichts“, sagte Wegner und griff damit das Motto der Ausstellung auf. „Freiheit und Demokratie waren nie selbstverständlich.“

Wegner verwies auch auf die zahlreichen bedeutsamen Jahrestage in der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts, die auf den 9. November fielen, und sagte, das Datum sei ein „schicksalhafter Tag“ für Deutschland, sowohl im positiven als auch im negativen Sinne.

Nazi-Erbe des Novemberpogroms 1938

Der 9. November ist auch der Jahrestag des Beginns des Novemberpogroms, auf Englisch oft als „Nacht des zerbrochenen Glases“ bezeichnet, als Adolf Hitlers nationalsozialistisches Deutschland mit der systematischen Zerstörung jüdischer Geschäfte, Synagogen und Grundstücke begann.

Mehr als 1.400 Gebäude wurden zerstört und rund 30.000 Juden in Konzentrationslager deportiert.

Das gewaltsame Vorgehen gilt als entscheidender Wendepunkt, an dem Hitlers deutsche Regierung begann, von der aktiven Verfolgung der Juden in Deutschland zum Holocaust überzugehen und schätzungsweise 6 Millionen europäische Juden während des Zweiten Weltkriegs zu töten.

Zwanzig Jahre zuvor, am 9. November 1918, als der Erste Weltkrieg zu Ende war und die deutsche Kapitulation unmittelbar bevorstand, rief der sozialdemokratische Politiker Philip Scheidemann ebenfalls die sogenannte Weimarer Republik aus.

Hitler und die Nazis machten diesem beginnenden ersten Versuch eines demokratischen Deutschlands innerhalb von etwa 15 Jahren ein Ende. Darauf hatte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas am Freitag in ihrer Rede vor dem Plenum bei einem Festakt hingewiesen und erklärt, Scheidemann habe damals davor gewarnt, dass der entstehende Staat, den er sich vorstelle, geschützt werden müsse.

„Unsere Republik ist heute nicht mehr neu. Aber Scheidemanns mahnende Worte bleiben aktuell“, sagte Bas und zog Parallelen zu den politischen Turbulenzen in Berlin in den Tagen vor den Jubiläen.

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