Deutschland: Sozialistische Linkspartei wählt neue Führer

von Otto Hofmann
3 Minuten Lesedauer

Die in Schwierigkeiten geratene deutsche Linkspartei hat am Samstag zwei neue Vorsitzende bekannt gegeben – die Journalistin Ines Schwerdtner und den ehemaligen Parlamentarier Jan van Aken.

Das Paar wurde von Mitgliedern der postkommunistischen Partei auf einer Bundeskonferenz in der östlichen Stadt Halle gewählt.

Schwerdtner erhielt 79,8 % der Stimmen, während van Aken 88 % gewann, berichteten lokale Medien.

Warum ist das wichtig?

Die sozialistische Linkspartei kämpfte in den letzten Jahren wegen des Aufstiegs der Rechtsextremen in ihrem traditionellen Kernland, den ostdeutschen Bundesländern, ums Überleben. Die rechtsextreme AfD hat die Linkspartei möglicherweise aufgrund ihrer strikten Anti-Migrations-Haltung in den Schatten gestellt, wobei die Linkspartei auch mit internen Spaltungen zu kämpfen hat.

Eine der prominentesten Mitglieder der Linken, Sahra Wagenknecht, trat letztes Jahr aus, um in ihrem Namen eine neue populistische Anti-Einwanderungspartei zu gründen: die Sahra Wagenknecht Alliance (BSW). Auch der BSW vertritt linksradikale Wirtschaftsprinzipien, verfolgt jedoch im Vergleich zur Linkspartei einen konservativeren Ansatz zum Thema Migration.

Wagenknecht nahm große Teile der Bundestagsfraktion mit, was dazu führte, dass die Linke ihren offiziellen Status im deutschen Unterhaus, dem Bundestag, verlor.

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht spricht während eines Protests gegen die Militarisierung in Berlin, Deutschland, am 3. Oktober 2024
Sahra Wagenknecht ist der sozialistischen Linkspartei Deutschlands ein Dorn im Auge geworden

Dieses Unglück veranlasste die scheidenden Spitzenpolitiker Janine Wissler und Martin Schirdewan im August zum Rücktritt.

Auch bei den Landtagswahlen in den östlichen Bundesländern erlitt die Linke im vergangenen Monat schwere Niederlagen.

Was wissen wir über die neuen Führungskräfte?

Schwerdtner wurde 1989 im sächsischen Werdau geboren – dem Jahr, in dem die Berliner Mauer fiel.

Sie arbeitete als Journalistin und war Mitbegründerin und Chefredakteurin der sozialistischen Zeitschrift „Jacobin“.

Bis 2022 engagierte sich Schwerdtner in einer Gruppe, die sich für eine Reform des Mietrechts in der deutschen Hauptstadt Berlin einsetzte.

Erst im Sommer 2023 trat sie der Linken bei und kandidierte für die Partei bei der Europawahl im Juni, konnte sich aber nicht genügend Unterstützung sichern.

In ihrer Bewerbungsrede am Samstag betonte Schwerdtner, die Linke sei nach wie vor „die Kraft der Solidarität“ in Deutschland.

Sie forderte eine Partei, „die das Leben zum Besseren verändern kann“ und die „einfache Menschen“ vertritt.

Auch Schwerdtner bezeichnete die Linke als „Stimme des Ostens“ und bezog sich dabei auf die ostdeutschen Bundesländer.

Die neuen Vorsitzenden der Linkspartei, Ines Schwerdtner und Jan van Aken, halten nach ihrer Wahl auf dem Parteitag in Halle am 19. Oktober 2024 Blumensträuße hoch
Jan van Aken (r.) trat der Partei im Jahr 2006 bei, während Ines Schwerdtner sich letztes Jahr anschloss

Van Aken wiederum saß von 2009 bis 2017 als Abgeordneter der Linkspartei im Bundestag.

Zuvor war er Biowaffeninspektor bei den Vereinten Nationen und Gentechnik-Experte bei Greenpeace.

In seiner Bewerbungsrede betonte Van Aken, dass die öffentliche Unterstützung der Linkspartei „viel lebhafter sei, als es die Wahlen zeigen“ und wies darauf hin, dass es an der Basis „so viel Energie, so viel Feuer“ gebe.

Der 63-Jährige forderte eine gerechtere Vermögensverteilung und mehr Solidarität in der Gesellschaft und sagte vor den Mitgliedern: „Ich denke, es sollte keine Milliardäre geben.“

Auch nach Monaten der Unruhe rief er zur Einheit innerhalb der Partei auf und fügte hinzu: „Von jetzt an gibt es keine Kämpfe mehr.“

Was ist die Linkspartei?

Die Linkspartei (in Deutschland als Die Linke bekannt) entstand 2007 aus dem Zusammenschluss zweier linker Parteien.

Durch einen ihrer Vorgänger ist die Partei der direkte Nachkomme der marxistisch-leninistischen Regierungspartei der ehemaligen DDR.

Die Linke setzt sich für den demokratischen Sozialismus als Alternative zum Kapitalismus ein und verfügt über 28 Sitze im 736 Sitze umfassenden Bundestag, ihre Fraktion wurde jedoch im vergangenen Jahr aufgrund der Parteispaltung aufgelöst.

Dies bedeutete einen gravierenden Einflussverlust im Bundestag, dessen Abgeordnete zum Teil als blockfreie Abgeordnete noch immer im Parlament sitzen.

Das erklärte Ziel der Linkspartei ist die vollständige Rückkehr in den Bundestag nach der Bundestagswahl 2025.

Dazu müsste sie bei der nächsten Wahl, die für den 28. September geplant ist, 5 % der landesweiten Stimmen erhalten.

Im Jahr 2021 erreichte sie 4,9 % Zustimmung, durfte aber dank einer wenig bekannten Regelung weiterhin im Bundestag sitzen.

Bundesweit liegt die Linke derzeit in Umfragen bei 3-4 %.

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