Scholz verteidigt Waffenverkäufe an die Türkei nach Erdogan-Gesprächen

von Otto Hofmann
3 Minuten Lesedauer

Bundeskanzler Olaf Scholz verteidigte am Samstag einen starken Anstieg der Verteidigungsexporte in die Türkei und nannte als einen Grund die Mitgliedschaft beider Länder im NATO-Bündnis.

Das äußerte sich die Kanzlerin in Istanbul nach Gesprächen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.

„Die Türkei ist Mitglied der NATO und deshalb treffen wir immer Entscheidungen, dass es konkrete Lieferungen geben wird. Das ist eine Selbstverständlichkeit“, sagte Scholz auf einer gemeinsamen Pressekonferenz im Anschluss an das Treffen der beiden Staats- und Regierungschefs.

Ausgehend von einstelligen Zahlen vor einigen Jahren hat Deutschland in diesem Jahr bisher Militärexporte in Höhe von mehr als 100 Millionen Euro (108,7 Millionen US-Dollar) in die Türkei genehmigt.

Ein deutscher Eurofighter-Jet startet am 5. Dezember 2023 von einem Militärstützpunkt in Rumänien
Die Türkei ist daran interessiert, Eurofighter-Kampfflugzeuge zu kaufen, die von einem Konsortium aus Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien hergestellt werden

Die Türkei strebt einen Eurofighter-Deal an

Erdogan wandte sich an Reporter und dankte Scholz für seine Bemühungen, die deutschen Beschränkungen für Verteidigungsverkäufe in die Türkei aufzuheben, insbesondere für Ankaras Wunsch, 40 Eurofighter Typhoon zu kaufen.

Scholz zeigte sich offen für eine mögliche Lieferung der Kampfflugzeuge und sagte, die Gespräche zwischen dem Vereinigten Königreich und der Türkei seien im Gange.

Es handele sich um etwas, „das sich weiterentwickeln wird, von dort aus aber jetzt vorangetrieben wird“, sagte die Kanzlerin.

Die Eurofighter Typhoon werden von einem vierköpfigen Konsortium bestehend aus Deutschland, Großbritannien, Spanien und Italien gebaut.

Letztes Jahr erklärte Ankara, es sei daran interessiert, Eurofighter-Kampfflugzeuge zu erwerben, doch die Gespräche kamen nicht voran, vor allem wegen der Opposition Berlins gegen die Haltung der Türkei im Gaza-Konflikt.

Widersprüchliche Ansichten zum Gaza-Krieg

Erdogan ist ein scharfer Kritiker der israelischen Militärkampagne im Gazastreifen und im Libanon, während Berlin das Recht Israels auf Selbstverteidigung verteidigt hat, was beide Staats- und Regierungschefs auf ihrer Pressekonferenz bekräftigten.

„Wir erwarten von allen politischen Akteuren, dass sie die Initiative ergreifen und der aggressiven Politik Israels ein Ende setzen“, sagte Erdogan und verurteilte „den Völkermord Israels in den palästinensischen Gebieten und die Angriffe im Libanon“.

Scholz sagte unterdessen, Deutschland „halte den Vorwurf des Völkermords nicht für legitim und gerechtfertigt“ und forderte dann einen Waffenstillstand und die Freilassung der von der Hamas festgehaltenen Geiseln.

Präsident Recep Tayyip Erdogan (r.) hört zu, wie Bundeskanzler Olaf Scholz (l.) im Anschluss an ihre Gespräche im Präsidialamt von Dolmabahce vor Reportern spricht. Istanbul, Türkei, am 19. Oktober 2024
Die deutschen und türkischen Führer haben große Meinungsverschiedenheiten über den Krieg in Gaza

Was geschah mit den deutschen Militärexporten in die Türkei?

Die Türkei war ein großer Importeur deutscher Waffen, doch die Exportgenehmigungen wurden von Berlin nach einem gescheiterten Putsch gegen Erdogans Herrschaft und einem harten Vorgehen gegen die Opposition sowie der Bodenoffensive des türkischen Militärs in Nordsyrien im Jahr 2016 erheblich gekürzt.

Offiziellen Daten zufolge hat die deutsche Regierung in diesem Jahr bislang Militärexporte in Höhe von 103 Millionen Euro (112 Millionen US-Dollar) in die Türkei genehmigt, nachdem sie sich über mehrere Jahre hinweg erholt hatte.

Die Exporte seien die höchsten seit 2011 und umfassten die Lieferung von 28 Torpedos und 101 Lenkflugkörpern, erklärte die Regierung auf eine parlamentarische Anfrage des linkspopulistischen Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW).

Der Spiegel Die Wochenzeitung berichtete letzte Woche, dass Deutschland kürzlich große Waffenlieferungen nach Ankara genehmigt habe, darunter Flugabwehrraketen im Wert von mehreren hundert Millionen Euro.

Scholz-Erodgan diskutieren über Migration nach Europa

Die beiden Staats- und Regierungschefs diskutierten auch über die Migrationsfrage, wobei Scholz Erdogan für die Bemühungen der Türkei bei der Bewältigung der Migration nach Europa dankte.

Er sagte, Deutschland werde Ankara weiterhin bei dem Zustrom von Migranten aus Syrien unterstützen.

Erdogan sagte, derzeit befänden sich rund 3,5 Millionen syrische Flüchtlinge in der Türkei und Ankara werde sie abweisen.

Berlin wiederum bittet Ankara um Unterstützung bei der Frage der Abschiebung bestimmter illegaler Migranten.

Türkische Staatsangehörige bilden nach Syrern und Afghanen die drittgrößte Gruppe von Asylbewerbern in Deutschland.

Nach offiziellen deutschen Angaben wurden im ersten Halbjahr 2024 441 türkischstämmige Menschen aus Deutschland in die Türkei abgeschoben.

Ende September waren mehr als 15.000 türkische Staatsbürger zur Ausreise aufgefordert worden.

Entdecken Sie mehr Themen