Sankt martin mit Bettler - Kirchenrelief

Sankt Martin in Niedersachsen

von Michael Weber
5 Minuten Lesedauer

Welche Bräuche gibt es?

Der Martinstag wird in ganz Deutschland, sogar in weiten Teilen der Welt gefeiert. Allerdings sehr unterschiedlich. Traditionen wie die Martinsgans oder der Martinsumzug sind in Niedersachsen eher regional bekannt. Dafür ziehen vielerorts die Kinder von Haus zu Haus und singen den Menschen ein Lied. Was genau ist der Martinstag? Ist es ein Feiertag? Welche Traditionen sind bekannt? Wir klären auf.

Wann genau ist der Martinstag?

Der Tag zu Ehren des Heiligen Martin ist jedes Jahr am 11. November.

Es handelt sich um einen christlichen Gedenktag bzw. Namenstag, der in allen christlichen Religionen gefeiert wird. Es handelt sich beim 11.11. jedoch nicht um einen kirchlichen oder gesetzlichen Feiertag. Daher hat das Datum in Niedersachsen keinen Einfluss auf das öffentliche Leben.

Der Martinstag heißt regional auch Sankt Martin oder Martini. In Niedersachsen sind Martinstag und Sankt Martin gebräuchlich.

Das Fest der Nächstenliebe

Der Martinstag steht im Zeichen der Nächstenliebe. Speziell den Kindern soll der Gedanke des Teilens und des Schenkens vermittelt werden. Das drückt sich speziell im Martinssingen aus. Aber es ist auch ein Resultat aus dem Anlass als solchen. Denn die Geschichte des Namensgebers ist interessant und von christlicher Nächstenliebe geprägt.

Wer war der Heilige Martin?

Der Name des Gedenktages geht auf eine historische Person zurück: den heiligen Martin von Tours. Obwohl manche Menschen das Fest mit Martin Luther in Verbindung bringen. Die evangelischen Kirchen feiern dennoch gern ihren Reformator, der zufälligerweise nicht nur den Vornamen teilt, sondern am Tag vor Sankt Martin geboren wurde. Allerdings ist der Gedenktag Martin von Tours gewidmet.

Martin von Tours - der Heilige teilt seinen Mantel

Martin von Tours – der Heilige teilt seinen Mantel

Martin von Tours ist Namensgeber des Festes

Martin von Tours lebte von ca. 316 bis 397 nach Christus. Geboren wurde er im heutigen Ungarn. Er gilt als einer der wichtigsten Wegbereiter des christlichen Mönchstums. Bekannt in der Geschichte ist er aus zwei Gründen. Zum einen war er der dritte Bischof von Tours. Zum anderen ranken sich mehrere Geschichten der Nächstenliebe um seine Person. Dazu unten mehr.

Das führte dazu, dass er heiliggesprochen wurde. Als erster Mann der Kirche war nicht das Märtyrertum der Grund, sondern er wurde Heiliger als Bekenner, der dem Christentum gedient hatte. Allerdings gehört auch zur Geschichte, dass er heidnische Kultstätten in großer Zahl vernichten und an deren Stelle Kirchen bauen ließ. Er gilt deshalb als großer Christianisierer.

Die Geschichten des Mantels und der Gans

Der heilige Martin wäre vielleicht nur einer der Heiligen mit einem Gedenktag geblieben, wenn es nicht zwei interessanten Geschichten rund um den Mann geben würde. Die erste handelt von seiner Zeit als Soldat.

Es heißt, er habe als Soldat in seiner Funktion als Gardist einen Überwurf getragen. Um 335 soll er vor den Stadttoren Amiens einen armen nackten Mann angetroffen haben. Er nahm seinen Umhang, teilte ihn und gab eine Hälfte dem Bettler. In der Nacht danach träumte er von Jesus. Er trug den halben Mantel. Im christlichen Kontext heißt es, Martin von Tours zeiget sich als wahrer Jünger Jesu. Auf diese Geschichte geht das Fest der Barmherzigkeit, Nächstenliebe und der Brauch des Schenkens zurück.

Die zweite Geschichte schließt sich daran an. Nachdem er aus eigenem Wunsch aus der Armee austrat, sollte er im Jahre 371 zum Bischof von Tours ernannt werden. Er soll sich als des Amtes unwürdig empfunden haben. Daher versteckte er sich laut Überlieferung in einem Gänsestall. Allerdings schnatterten die Tiere so laut, dass er gefunden wurde. Aus diesem Grund gilt die Martinsgans als kulinarischer Begleiter des Martinstags.

Traditionelles Gericht: Martinsgans

Traditionelles Gericht: Martinsgans

Die Bräuche an Sankt Martin

Es gibt aus dieser Geschichte hervorgehend mehrere Bräuche. Die drei bekanntesten und in Niedersachsen wichtigsten Geschehnisse davon sind das Martinssingen, die Laternenumzüge und die Martinsgans. Typische Bräuche wie die der süßen Brezeln oder das Weckmännchen werden in Niedersachsen allenfalls lokal praktiziert.

Das Martinssingen

Am 11. November (teilweise schon am Vorabend) ziehen Kinder von Haus zu Huas. Sobald sich die Türen öffnen, singen sie eines der Martinslieder. In Niedersachsen sind das Sankt Martin oder abgewandelt auch „Matten, matten Mären“. Dabei halten Sie nach dem Singen einen offenen Beutel vor, der dann mitgaben wie Süßem, Obst und Nüssen gefüllt wird.

Dieses Singen wird auch als Heischebrauch bezeichnet (Brauch, um Gaben zu erlangen).

Die Tradition ist zweigeteilt. Denn sie korreliert mit einem Brauch der Landarbeiter. Diese wurden im Mittelalter vor dem Winter entlassen. Daher schickten sie Kinder bettelnd von Haus zu Haus. Diese Entstehung tritt jedoch gegenüber Sankt Martin in den Hintergrund.

Eine andere Verbindung gibt es jedoch möglicherweise zu Halloween. Denn Allerheiligen und Allerseelen zu Anfang des Monats November sind wichtige Feiertage. Der Halloween-Brauch basiert möglicherweise nicht nur auf Allerheiligen, sondern auch auf das Martinssingen.

Laternenumzüge zu Ehren des Martin

KInd mit selbstgebastelter Laterne

KInd mit selbstgebastelter Laterne

Der zweite wichtige Eckpfeiler der Feierlichkeiten sind Laternenumzüge. Viele Veranstaltungen dieser Art finden am 10. Oder 11. November statt. Die Kinder ziehen mit Lichtern und Laternen durch die Straßen und Singen Lieder wie „Sankt Martin“, „Ich gehe mit meiner Laterne“ oder „Laterne, Laterne“. Häufig begleiten Musikkapellen den Umzug und untermalen das Singen mit passender Musik.

In einigen Gemeinden reitet auch ein als Martin verkleideter Mann auf einem Pferd mit einem Mantel vor dem Umzug. Dann handelt es sich um einen echten Martinsumzug.

Martinsgans: traditionelles Essen am 11. November

Der dritte Brauch am Martinstag ist die Martinsgans. In Niedersachsen ist dieses Festmahl nicht so verbreitet. Aber dennoch servieren viele Familien an diesem Tag eine Martinsgans. Traditionell gibt es dazu Klöße und Rotkohl. Die Besonderheit dieses Traditionsgerichts sind die Zutaten. In die Gans kommen Äpfel und Birnen, vereinzelt auch Rosinen, Pflaumen sowie Orangensaft. Dadurch schmeckt die Gans etwas fruchtig-winterlicher als das klassische Festtagsmahl: die Weihnachtsgans.

Sankt Martin hat in Niedersachsen eine untergeordnete Bedeutung

Auch wenn die Kirchen feiern, die Kinder singen und an Laternenumzügen teilnehmen: Sankt Martin hat in Niedersachsen nur eine untergeordnete Tradition. Sie lebt insbesondere durch die Laternenumzüge weiter. Das Martinssingen gerät vielerorts mehr und mehr in Vergessenheit oder wird vom Halloween-Hausieren verdrängt. Die eigentliche Botschaft gerät so in Vergessenheit: Teilen, Nächstenliebe und Barmherzigkeit.