Niedersächsisches Kulturerbe Blaudruck

Blaudruck

von Redaktion
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Niedersächsisches Kulturerbe

Der Blaudruck zählt zu den traditionellen Handwerkskünsten im norddeutschen und insbesondere im ostfriesischen Raum. Die niedersächsische Stadt Jever im Landkreis Friesland ist nicht nur für ihr exzellentes Bier bekannt, hier findet sich auch eine der wenigen Blaudruckwerkstätten, in denen das alte Handwerk noch mit großer Liebe zum Detail ausgeführt wird. Aus diesem Grund hat die UNESCO den Blaudruck in Niedersachsen zum Weltkulturerbe erhoben.

Herkunft und Verbreitung des Blaudrucks

Die Norddeutschen haben den Blaudruck zwar nicht erfunden, aber Niedersachsen gehört zu den wenigen deutschen Bundesländern, in denen dieses faszinierende Handwerk überhaupt noch zur Anwendung kommt. Seit vielen Jahrtausenden ist der Blaudruck bekannt, auch unsere Vorfahren aus der Steinzeit sollen dazu schon einen Bezug gehabt haben. Die Ägypter, denen viel an Schönheit und prachtvollen Gewändern gelegen war, übten sich ebenfalls in der Kunst des Blaudrucks wie antike Kleidungsstücke, die bei Ausgrabungen gefunden wurden, belegen. Der Blaudruck mit den dafür eigens angefertigten Holzmodeln (Schablonen, die das Muster abbilden), hat sich im 6. Jahrhundert etabliert.

Indien zählt zu den Ursprungsländern für den Blaudruck, von dort fand das Druckverfahren im 17. Jahrhundert auch seinen Weg nach Europa. Belgien, Holland, Ungarn und Deutschland zählten zu den großen Blaudruckverfechtern, heute ist der Blaudruck vor allen Dingen in Ungarn, Tschechien, Österreich und Teilen Deutschlands wie Niedersachsen und Thüringen in seiner ursprünglichen Tradition noch präsent.

Damals konnten die Blaufärber noch von ihrem Handwerk leben, aber die moderne Druckindustrie hat das beendet. Dennoch bereichert es sowohl das Warenangebot als auch die Erhaltung der Kulturlandschaft mit ihren traditionellen althergebrachten und einzigartigen Handwerkskünsten, wenn ein Verfahren wie der Blaudruck als Reservedruck noch heute durch die letzten Blaudruckwerkstätten ihrer Art verwirklicht wird.

Blaudruck in Jever

In der niedersächsischen Urlaubsstadt Jever findet sich die Blaudruckerei im Kattreppel, die Werkstätte und Museum zugleich ist. Hier können Besucher und Interessierte sich über den Blaudruck ausführlich informieren und zwar live und praxisnah, wenn der Blaudrucker Georg Stark sich an die Arbeit macht. In der Jever Blaudruckerei werden zudem alte Muster, Model, Stoffe, Rezepte aus einstigen Blaudruckereien in Niedersachsen sowie aus dem europäischen Ausland aufbewahrt.

Die Stoffe und die Farbe für den Blaudruck

Leinen und Baumwolle sind die gängigen und althergebrachten Stoffe für den Blaudruck, da sie die Farbe bestens annehmen. Aber auch Seide ist für den Blaudruck geeignet. Für den echten Blaudruck braucht es echtes Indigo. Der in aller Welt durch die Bluejeans bekannt gewordene Blaufärbestoff stammt aus Indien, wo er aus der Indigopflanze gewonnen wird. Diese Pflanze ist aber keinesfalls blau, sondern trägt gelbe Blüten. Der Farbstoff Indigo entsteht aus dem gelben Pflanzenstoff Indican, der durch Gärung und Oxidation eine blaue Färbung annimmt.

Die Blaudruckmuster

Die weißen Muster, die auf blauem Grund entstehen, zeigen sich im Blaudruck vielseitig und sind historisch traditionell angehaucht, weshalb es hier auch regionale Unterschiede bei bevorzugten Mustern geben kann. Blüten, Blätter, Ranken, Ornamente, folkloristische Muster und Musterkombinationen stehen beim Blaudruck im Vordergrund. Die Anfertigung der Holzmodel, die als Druckstöcke dienen, ist aufwendig, erfordert Geduld, Zeit und großes handwerkliches Geschick. Historische Exemplare sind auch in zahlreichen Heimatmuseen und Spezialmuseen zum Blaudruck in Niedersachsen zu bestaunen. Als Werkstoff für die Holzmodel-Schnitzerei, die nur noch wenige spezialisierte Holzhandwerker beherrschen, kommt Birnbaumholz zum Einsatz.

Die Blaudruck-Technik

Blaudruck wird nach originalem Vorbild im so genannten Reservedruck (Indirektdruck) durchgeführt. Weitere Verfahren sind der Direktdruck und der Ätzdruck. Bei den traditionellen Blaudruckereien ist der Reservedruck als Handdruck die ausschließliche Methode, um weiße Muster auf blauem Fond entstehen zu lassen.

Das Blaudruckverfahren im Reservedruck kennt spezialisierte Begriffe:

  • Model (Druckstock für den Musteraufdruck)
  • Druckpapp oder Papp (Schutzmasse, die keine Farbe annimmt)
  • Küpe (Färbebottich)

Im eigentlichen Sinne handelt es sich beim Blaudruck um eine Kombination aus Druck- und Färbevorgang. Der Ausgangsstoff wird mit dem Model bedruckt, auf den zuvor der Druckpapp aufgetragen wurde. Der Papp verhindert, dass der Stoff an den entsprechenden Stellen Farbe aufnehmen kann. Danach erhält der Stoff ein Färberbad mit Indigo in der Küpe. Im Anschluss daran erfolgt das Spülbad, durch das der Druckpapp entfernt wird und das Muster sich weiß vom blauen Grund abhebt. Die Rezepturen für den Druckpapp können sich je nach Blaudruckerei unterscheiden, hier hat jede Werkstätte so ihre Geheimnisse. In der Jever Blaudruckerei besteht der Druckpapp u.a. aus Gummi arabicum, Alaun und Galitzenstein. Diese zähflüssige und klebrige Schutzmasse hat dem Reservedruck auch seinen Namen gegeben, denn der Papp dient als schützende Reserve (abgeleitet von separieren, abgrenzen).

Blaudruck-Stoffe für Liebhaber, Kenner und Individualisten

Blaudruckmeterware ist heute wie damals beliebt und gefragt, ja sie erlebt sogar ein Revival in Mode, Inneneinrichtung und Design. Daraus können dekorative Wohnaccessoires und Heimtextilien gefertigt sein, z.B. Vorhänge, Tischwäsche, Bettäsche, Kissenbezüge.

Traditionell dient der Blaudruckstoff auch zur Herstellung von Trachten weir über Ostfriesland und Niedersachsen hinaus wie z. B. für sorbische Trachten oder Trachten aus bestimmten Regionen des Schwarzwaldes. In der Mode hat der Blaudruck einen hohen Beliebtheitsgrad bei Schürzen, Kopf- und Halstüchern, Blusen, Hemden, Tunikas, Handtaschen und wird gerne für spritzige Dirndl verwendet. Besonders die junge Generation entdeckt mehr und mehr Blaudruckstoffe, aufgrund ihrer besonderen Designs und der Liebe zum indigoblauen Farbstoff, für sich.
Foto: Dein Niedersachsen

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