Bundesverteidigungsminister warnt vor russischer „Hybridkriegsführung“

von Otto Hofmann
3 Minuten Lesedauer

Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius warnte am Sonntag, dass Berlin bereit sein müsse, auf alle hybriden Angriffe Russlands im Vorfeld der vorgezogenen Bundestagswahl und darüber hinaus zu reagieren.

Ein Hybridangriff ist ein umfassender Cyberangriff, der mehrere Methoden nutzt, um die IT-Systeme, Netzwerke oder Geräte eines Ziels zu infiltrieren und zu kompromittieren.

Pistorius’ Äußerungen folgen einer Warnung deutscher Geheimdienstchefs vor einer erhöhten Bedrohung durch den Kreml im Oktober.

Was sagte Pistorius?

„(Der russische Präsident Wladimir) Putin führt hybride Angriffe durch, wobei Deutschland besonders im Fokus steht“, sagte Pistorius der Funke Mediengruppe.

„Er kennt uns gut, Putin weiß, wie er in uns Nadelstiche macht“, fügte der Verteidigungsminister hinzu. „Diese Bedrohung zu ignorieren, weil sie uns unbehaglich macht, wird sie nicht kleiner, sondern größer machen.“

Pistorious verwies auf aktuelle Vorfälle, die sich gegen die Infrastruktur und Energieversorgung Deutschlands richteten, darunter Aktivitäten, die Russland in der Nord- und Ostsee zugeschrieben werden.

Er sagte, die Bedrohung könnte von Desinformation in den sozialen Medien ausgehen, die von vom Kreml unterstützten Akteuren entwickelt wurde, um die deutsche Gesellschaft zu spalten, was den rechtsextremen und populistischen Parteien helfen könnte.

„Es gibt auch Kampagnen in sozialen Medien, Einmischung in Wahlkämpfe und die Finanzierung von Stimmen wie der AfD (der rechtsextremen Alternative für Deutschland) und der BSW (dem populistischen Bündnis Sahra Wagenknecht), die behaupten, dass es uns nicht um unsere geht.“ Sie wollen sich selbst schützen, steuern aber auf einen Krieg mit Russland zu.“

„Wir müssen alles tun, um zu verhindern, dass Putins Strategie Erfolg hat“, fügte Pistorius hinzu.

Russlands Militärausgaben stellen eine Bedrohung für die NATO dar

Obwohl von Moskau keine unmittelbare militärische Bedrohung ausgeht, warnte der Verteidigungsminister, dass Putin sein Land bis 2030 hätte aufrüsten und ihm so die Möglichkeit geben können, NATO-Mitglieder anzugreifen.

„Wir müssen auch damit rechnen, dass Putin in den nächsten Jahren testen könnte, wie geeint die Nato tatsächlich ist, indem er an der einen oder anderen Stelle des Bündnisgebiets vorstößt“, sagte Pistorius der Zeitungsgruppe.

Seit Putin im Februar 20222 seine groß angelegte Invasion in der Ukraine gestartet habe, habe er Russland in eine Kriegswirtschaft verwandelt und in Monaten mehr Waffen und Munition produziert als alle EU-Staaten in einem einzigen Jahr, fügte der Minister hinzu.

Auch die Regierung von Bundeskanzler Olaf Scholz erhöhte nach der Invasion die Militärausgaben und brachte damit die Verteidigungsausgaben Berlins zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder in Einklang mit den NATO-Zielen.

Auf die Frage, ob Deutschland militärisch da sei, wo es sein müsse, sagte Pistorius: „Wir sind auf einem guten Weg.“

Allein in diesem Jahr seien 97 Großprojekte im Wert von 58 Milliarden Euro (60,5 Milliarden US-Dollar) gestartet worden, was den Rekord des Vorjahres übertreffe. Er fügte jedoch hinzu, dass es mehr als eine Legislaturperiode dauern würde, die Lücke der 30-jährigen Unterfinanzierung zu schließen.

Am Mittwoch erhielt die Bundesmarine die entscheidende Genehmigung zur Erweiterung ihrer Flotte mit einem Auftrag über vier weitere moderne U-Boote im Rahmen eines Vertrags mit ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS), der rund 4,7 Milliarden Euro kostet.

Ebenfalls diese Woche sagte Pistorius, Berlin plane, die Stärke seiner Streitkräfte von derzeit 203.000 auf 230.000 zu erhöhen.

Allerdings sagte der Minister den Funke-Zeitungen, dass der deutsche Verteidigungssektor „Zeit braucht, um die Produktionskapazitäten für die Produktion von Waffen und Munition hochzufahren“, da die Produktion von Panzern, Fregatten und U-Booten mehrere Jahre dauern könne.

Pistorius steht bei der öffentlichen Unterstützung an erster Stelle

Unabhängig davon belegte eine Umfrage der Zeitung Bild am Sonntag, dass Pistorius in der jährlichen Rangliste deutscher Politiker an der Spitze steht.

Rund 46 Prozent der von Insa Befragten meinten, die Verteidigungsministerin solle im nächsten Jahr möglichst viel Einfluss auf die deutsche Politik haben.

Bayerns konservativer Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erreichte bei derselben Frage 38 %, während Scholz mit 28 % Zustimmung auf den sechsten Platz verwiesen wurde.

Scholz reihte sich hinter BSW-Chef Wagenknecht, CDU-Chef Friedrich Merz und AfD-Co-Vorsitzende Alice Weidel ein.

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