Deutschland: Proteste nach Angriff auf EU-Gesetzgeber

von Otto Hofmann
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Nach dem Angriff am Freitag auf den SPD-Abgeordneten und Europaabgeordneten Matthias Ecke sind für Sonntag in Berlin und Dresden rechtsextreme Proteste ausgerufen worden.

Ecke wurde in Dresden angegriffen, als er im Vorfeld der Europawahl im Juni Plakate aufhängte.

Nach Angaben der Polizei handelte es sich bei den Tatverdächtigen um eine Gruppe von vier unbekannten Angreifern im Alter zwischen 17 und 20 Jahren. Die Polizei sagte außerdem, die Gruppenmitglieder seien dunkel gekleidet gewesen und schienen Teil der rechtsextremen Szene zu sein.

Es wird angenommen, dass die gleiche Gruppe auch ein Mitglied der Grünen angegriffen hat, das sich ebenfalls im Wahlkampf befand, nur wenige Minuten bevor er Eck angriff.

Ecke musste nach dem Vorfall dringend operiert werden.

Proteste gegen rechtsextreme Gewalt

Die Gruppen „Zusammen gegen Rechts“ und „Wir sind die Brandmauer Dresden“ riefen zu spontanen Sonntagsprotesten in Berlin bzw. Dresden auf.

Rechtsextreme und extremistische Gruppen und politische Parteien, allen voran die Alternative für Deutschland (AfD), haben in vielen ostdeutschen Bundesländern, darunter auch Sachsen, eine starke Basis.

Die AfD hat in den Umfragen einen Höhenflug hinter sich und ist nach der Mitte-Rechts-Christdemokraten (CDU) die zweitbeliebteste Partei in Deutschland. Die Partei liegt auch in Umfragen vor der sächsischen Landtagswahl später in diesem Jahr an der Spitze.

Der Aufstieg der AfD und die Unterstützung rechtsextremer Politik lösten jedoch auch Gegendemonstrationen aus und lösten eine Diskussion über die Möglichkeit eines Parteiverbots aus.

AfD-Mitglieder nahmen letztes Jahr auch an einem Treffen rechtsextremer und neonazistischer Extremisten in Potsdam vor den Toren Berlins teil, bei dem die Teilnehmer über die Abschiebung von Einwanderern und in einigen Fällen auch deutschen Staatsbürgern diskutierten. Berichte der Gruppe Correctiv über das Treffen lösten bundesweite Proteste gegen die Rechtsextremen aus.

Der Inlandsgeheimdienst hat die AfD als Rechtsextremismus-Verdachtsfall im Auge, könnte laut deutschen Medienberichten die Partei aber schon bald als „eindeutig extremistische Unternehmung“ einstufen.

Deutsche und EU-Politiker verurteilen Angriffe

Innenministerin Nancy Faeser hat ein Treffen mit ihren Kollegen auf Landesebene einberufen, um die Zunahme politischer Gewalt im Vorfeld der EU-Wahlen zu besprechen.

„Der Rechtsstaat muss und wird darauf mit einem harten Vorgehen und weiteren Schutzmaßnahmen für die demokratischen Kräfte in unserem Land reagieren“, sagte sie am Samstag.

Der Angriff auf Ecke ist der Aufsehen erregendste Fall, aber auch andere politische Aktivisten wurden in den letzten Wochen angegriffen.

Kai Gehring, Grünen-Abgeordneter im Deutschen Bundestag, wurde am Donnerstag nach einer Parteiveranstaltung in der Weststadt Essen angegriffen.

Auch die Grünen haben nach einer Anschlagsserie am vergangenen Wochenende damit aufgehört, in Eigenregie Plakate in den sächsischen Städten Chemnitz und Zwickau aufzuhängen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) prangerte die „Bedrohung“ durch rechtsextreme politische Gewalt an.

„Die Demokratie wird durch solche Taten bedroht“, sagte Scholz auf einem Kongress europäischer sozialistischer Parteien in Berlin und sagte, solche Angriffe seien das Ergebnis des „Diskurses, der Atmosphäre, die dadurch entsteht, dass Menschen gegeneinander ausgespielt werden.“

„Wir dürfen solche Gewalttaten niemals hinnehmen, wir müssen uns gemeinsam dagegen wehren“, sagte Scholz.

Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell äußerte sich zu den Angriffen: „Wir erleben inakzeptable Episoden der Schikanen gegen politische Vertreter und einen wachsenden Rechtsextremismus, der uns an dunkle Zeiten der Vergangenheit erinnert.“

ab/sms (dpa, AFP)

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