Christian Wulff

Wulff will nicht zurücktreten

von Michael Weber
2 Minuten Lesedauer

Amtsniederlegung erst bei Wahl

Christian Wulff will erst nach der Wahl durch die Bundesversammlung als Ministerpräsident zurücktreten. Heute sagte er: „Vom Amt des Ministerpräsidenten trete ich erst nach der Wahl durch die Bundesversammlung zurück, weil ein vorzeitiger Rücktritt respektlos gegenüber der Bundesversammlung wäre und den Eindruck erwecken würde, man nehme das Wahlergebnis der Bundesversammlung vorweg.”

Der scheidende Fraktionsvorsitzende der SPD, Wolfgang Jüttner, bescheinigte Ministerpräsident Wulff mit dieser Entscheidung, eine „Reiserücktrittsversicherung“ buchen zu wollen. Er kommentierte: „Augenscheinlich bekommt Herr Wulff angesichts des Zuspruchs für den Gegenkandidaten Joachim Gauck kalte Füße. Er müsste aber wissen, dass es nun kein zurück mehr gibt.“ In der Tat wächst der Zuspruch für den Gegenkandidaten der Opposition für das Amt des Bundespräsidenten. Mehrere FDP-Landesverbände denken derzeit laut darüber nach, dass Gauck durchaus wählbar ist und auch in der Union findet der Theologe und ehemalige Volkskammerabgeordnete Zustimmung.

Jüttner bezeichnete Wulffs Vorgehen als abenteuerlich. „Erst arbeitet er zielstrebig daran, sein Bundesland verlassen zu können, hinterlässt dabei riesige Baustellen, die CDU-Landespartei und -Landtagsfraktion einigen sich in Rekordzeit auf eine personelle Neuaufstellung, und dann kündigt Wulff an: Übrigens, wenn es nicht klappt, komme ich wieder. Das ist politisch nicht vermittelbar“, analysierte Jüttner. Er ergänzte: „Wenn Wulff sein Lavieren damit begründet, er wolle aus Respekt der Entscheidung der Bundesversammlung nicht vorgreifen, so schadet er damit in Wirklichkeit dem Amt des Bundespräsidenten. Selbst in dieser Frage agiert Wulff wieder nach seinem bekannten Muster: Mutlos jedes Risiko scheuen und sich immer ein Hintertürchen offen halten.“

Dass die Wahlentscheidung zugunsten von Christian Wulff ausfällt, möchte die niedersächsische CDU offenbar durch die Benennung von ausschließlich Abgeordneten des Landtages sowie der vier neuen Minister Bernd Althusmann, Astrid Grotelüschen, Aygül Özkan und Johanna Wanka und des Europaabgeordneten Dr. Hans-Gert Pöttering sichern. Die sonst übliche Nominierung von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens entfällt.

Der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Stefan Wenzel, kritisierte die Entscheidung Wulffs. Zugleich warnte er vor weiteren „Kungeleien“ und forderte ein „politisch und verfassungsrechtlich einwandfreies Verfahren“. Nach der Verfassung dürfe der Bundespräsident weder das Amt des Ministerpräsidenten noch ein Mandat als Landtagsabgeordneter innehaben, so Wenzel. Wulff habe beides. „Wenn der Ministerpräsident nicht deutlich vor der Bundesversammlung zurücktritt und der Landtag den Mandatsverzicht nicht vor der Bundesversammlung feststellt, würde die neue Amtszeit womöglich mit einem Verfassungsbruch beginnen,“ stellte Wenzel in den Raum. Wenzel appellierte an Wulff, sich am „staatsmännischen Format anderer Kandidaten wie Richard von Weizsäcker und Johannes Rau ein Beispiel“ zu nehmen.

 

Foto: Niedersächsische Staatskanzlei

Entdecken Sie mehr Themen