Kanuwandern auf der Oberweser vor Karlshafen - Foto von Eckehard Bohnsack

Kanuwandern: Tipps für Neulinge

von Michael Weber
4 Minuten Lesedauer

Interview mit Dr. Eckehard Bohnsack, Kanuwandersportward beim Landes-Kanu-Verband Niedersachsen

Herr Dr. Bohnsack, Sie sind beim Landes-Kanu-Verband Niedersachsen kommissarischer Sportwart für Kanu-Wandersport. Diese Freizeitbetätigung ist speziell in den Sommermonaten sehr beliebt. Haben Sie eine ungefähre Zahl, wie viele Menschen auf den Flüssen in Niedersachsen mit dem Kanu unterwegs sind?

“Ich schätze, dass ca. 50.000 Paddeltouren in Niedersachsen pro Jahr unternommen werden.”

Was macht für Sie die Faszination von Kanu-Wanderungen aus?

“Man erlebt die Natur aus einer ganz anderen Perspektive, eben vom Wasser aus.”

Wo macht Kanuwandern für Anfänger Spaß?

Kanuwandern auf der Örtze unterhalb von Müden - Foto von Eckehard Bohnsack

Kanuwandern auf der Örtze unterhalb von Müden – Foto von Eckehard Bohnsack

In Niedersachsen gibt es eine Reihe von Flüssen, die sehr unterschiedliche Anforderungen und Erlebnisse bieten. Von kleinen Stichkanälen über Flüsse wie die Leine bis zu großen Strömen wie die Weser. Gibt es Gewässer, die sich besonders für Neulinge eignen? Welche empfehlen Sie nur erfahrenen Kanu-Wanderern?

“Kleine Gewässer, wo das rettende Ufer nicht weit weg ist und wenig Motorbootverkehr existiert, sind auch für Neulinge geeignet. Die Unterweser (Bremen bis Bremerhaven) und die Unterelbe (Geesthacht bis Cuxhaven) sowie die Nordsee sind definitiv nur etwas für sehr erfahrene Kanuten. Das gilt auch für Wildwasser im Harz und bei Hochwasser.”

Grundsätzlich gilt: Nichtschwimmer gehören nicht ins Boot, auch mit Schwimmweste nicht.

Es wird eine Reihe von Menschen geben, die zum ersten Mal aufs Wasser möchten. Haben Sie Empfehlungen, welche Sicherheitstipps diese Leute beachten sollten? Gibt es typische Fehler?

“Grundsätzlich gilt: Nichtschwimmer gehören nicht ins Boot, auch mit Schwimmweste nicht. Eine Schwimmweste ist sicherlich hilfreich. Das Boot sollte bei einer Kenterung unsinkbar sein. Man sollte sich vorher über das Gewässer und die Strecke informieren, um die Hindernisse wie Wehranlagen und die Möglichkeiten zum Umtragen zu kennen. Typischer Fehler: Es reicht nicht, sich eine Sicherheitsausrüstung zu kaufen, man muss auch damit umgehen können. Insofern ist ein Schnupperkurs bei einem Kanu-Verein empfehlenswert.”

Keine Eskimorolle, aber Aussteigen unter Wasser

Kanuwandern auf der Illmenau bei Uelzen - Foto von Eckehard Bohnsack

Kanuwandern auf der Illmenau bei Uelzen – Foto von Eckehard Bohnsack

Sind darüber hinaus noch besondere Anforderungen zu erfüllen? Ein Bootsführerschein ist vermutlich nicht erforderlich? Wie steht es um körperliche Voraussetzungen, müssen Kanuten zum Beispiel eine Eskimorolle beherrschen?

“Einen Führerschein benötigt man in Deutschland nicht. Man muss sich vorher aber informieren, ob das geplante Gewässer nicht aus Gründen des Naturschutzes temporär oder grundsätzlich gesperrt ist. Die Beherrschung der Eskimorolle ist keine Pflicht, aber man sollte  dann alternativ das Aussteigen unter Wasser mal geübt haben.”

Kanuwandern mit guter Ausrüstung

Es gibt sicher Unterschiede zwischen Kanu, Kajak und den verschiedenen Varianten. Welche Art von Boot (und warum) empfehlen Sie Einsteigerinnen und Einsteigern?

“Zunächst zur Begriffsklärung: Ein Kajak wird im Sitzen mit einem Doppelpaddel gepaddelt, ein Canadier alternativ auch im Knien mit einem Stechpaddel. Kanu ist der Oberbegriff für beide Boote. Grundsätzlich richtet sich das Boot nach dem bevorzugtem Gewässer, wo gepaddelt werden soll. Daher ist eine pauschale Empfehlung schwierig. Als Einzelperson ist aber der Kajak-Einer die richtige Wahl. Wenn man zu mehreren paddeln will, kommt auch ein Canadier in Frage, da das Paddeln im Canadier allein doch eine gewisse Erfahrung erfordert. Etwas breitere Boote sind weniger kippelig und für Einsteigerinnen besser geeignet.”

Zum Kanu-Wandern gehört eine gute Ausrüstung. Was sollten die Paddlerinnen und Paddler mitführen?

“Neben dem Boot benötigt man noch ein Paddel. Eine Spritzdecke schützt vor Spritzwasser, Regen, Hagel und Schnee und ist daher nützlich, erschwert aber das Aussteigen unter Wasser. Eine Schwimmweste (siehe oben) wird empfohlen. Es ist gut, wenn man trockene Ersatzkleidung in einem wasserdichten Behälter mitführt. Dort sollten auch die Wertgegenstände und der Autoschlüssel verpackt werden. Darüber hinaus gibt es im Fachhandel  ein umfangreiches Sortiment an Ausrüstung für jedes Wetter und jedes Gewässer.”

Kanuwandern: Anlaufstellen für Interessierte

Blick vom Zeltplatz Spiekeroog auf die Nordsee mit Kajaks am Strand und Sonnenuntergang - Foto von Eckehard Bohnsack

Blick vom Zeltplatz Spiekeroog auf die Nordsee mit Kajaks am Strand und Sonnenuntergang – Foto von Eckehard Bohnsack

Viele Kanu-Vereine bieten Schnupperkurse für Neulinge an und halten auch etwas Ausrüstung bereit.

Unterstützen Sie Neulinge bei ihren ersten Wanderungen? Gibt es vom Landes-Kanu-Verband Anlaufstellen oder Ansprechpartner, die Tipps für Routen geben? Vielleicht sogar geführte Touren? Woher bekommen Interessierte passende Boote und Ausrüstungen?

“Der Landes-Kanu-Verband bietet selber keine geführten Touren usw. an und verleiht auch keine Ausrüstung. Auf der Homepage (www.kanu-niedersachsen.de) kann man aber nach Kanu-Vereinen in seiner Nähe suchen. Viele Kanu-Vereine bieten Schnupperkurse für Neulinge an und halten auch etwas Ausrüstung bereit. Der Deutsche-Kanu-Verband (www.kanu.de) bietet auch Informationen über Gewässer an. Zusätzlich gibt es auch kommerzielle Kanu-Verleiher.”

Wie bereits gesagt: Niedersachsen hat viele geeignete Flüsse zum Paddeln. Welche Lieblingsstrecke haben Sie persönlich? Welches Gebiet hat Sie am meisten fasziniert?

“Ich wohne in der Lüneburger Heide und bin deshalb häufig auf kleinen Heidebächen unterwegs. Daneben kann ich besonders die Oberweser von Hann. Münden bis Hameln mit dem wunderschönen Weserbergland empfehlen. Besonders faszinierend für mich ist darüber hinaus die Nordseeküste mit den Ostfriesischen Inseln.”

Fotos von Dr. Eckehard Bohnsack

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