Ergebnisse Landtagswahl 2022 - Text auf Niedersachsenflagge

Ergebnisse der Landtagswahl 2022 in Niedersachsen

von Michael Weber
8 Minuten Lesedauer

SPD ist klar stärkste Fraktion

Die niedersächsische Landtagswahl ist entschieden. Am 9. Oktober 2022 konnten die Wahlberechtigten zwischen 8 und 18 Uhr in den Wahllokalen und zuvor per Briefwahl abstimmen. 82.000 Wahlhelfer unterstützten die reibungslose Durchführung der Abstimmung und Auszählung.

Die Ergebnisse der Landtagswahl 2022 im Detail

Balkengrafik: Vorläufiges Ergebnis der Landtagswahl 2022 in Niedersachsen

Vorläufiges amtliches Endergebnis der Landtagswahl 2022 in Niedersachsen auf Basis aller 87 ausgezählten Wahlkreise

 

Die Parteien kommen nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis auf folgende Stimmanteile:

  • SPD: 33,4 %  (- 3,5)
  • CDU: 28,1 %  (- 5,4)
  • Bündnis 90/Die Grünen: 14,5 % (+ 5,8)
  • FDP: 4,7 % (- 2,8)
  • AfD: 10,9 % (+ 4,7)
  • Die Linke: 2,7 %  (- 1,9)
  • Sonstige: 5,6 %, darunter
    • Tierschutzpartei 1,5 %
    • die Basis 1,0 %
    • Die Partei 0,9 %
    • Freie Wähler 0,8 %
    • Volt 0,5 %
    • Piraten 0,4 %
    • Gesundheitsforschung 0,3 %
    • Die Humanisten  0,2 %

Die Parteien Die Friesen, Haie, SGV, Bündnis C, ÖDP, Zentrum und SGV sowie Einzelbewerber stellten nur Direktkandidaten.

Sitzverteilung nach der Landtagswahl 2022 in Niedersachsen

Aus den genannten Ergebnissen ergibt sich für den 19. Landtag in Niedersachsen folgende Sitzverteilung (vorläufiges Endergebnis):

  • SPD: 57
  • CDU: 47
  • Bündnis 90/Die Grünen: 24
  • AfD: 18

Der Landtag besteht damit aus 146 Personen. Die vorgegebene Zahl von 135 Sitzen wurde durch erzielte Überhangmandate und rechtlich vorgesehener Ausgleichmandate aufgestockt. Damit wären rechnerisch zwei Koalitionen möglich: SPD und Bündnis 90/Die Grünen (Rot-Grün) oder SPD und CDU (Rot-Schwarz/große Koalition).

Geringe Wahlbeteiligung

Die Wahlbeteiligung lag bei nur 60,3 %. Das heißt: 3,657 Millionen Wahlberechtigte gaben ihre Stimme ab. Schon früh zeichnete sich ein Ergebnis knapp unter der Beteiligung von vor fünf Jahren (63,1 %) ab. Daher ist das Ergebnis am Ende gemessen an der Bedeutung einer Landtagswahl deutlich zu niedrig.

Landtagswahl 2022: Ergebnisse aus den 87 Wahlkreisen

 

Wahlkreise der Landtageswahl 2022

Wahlkreise der Landtagswahl 2022 – große Version bitte hier klicken (Server des nds. Landtags)
(c) Landesamt für Statistik Niedersachsen, Hannover 2022, Wahlkreiskarte für die Wahl zum 19. Niedersächsischen Landtag

 

Insgesamt standen 756 Personen zur Wahl. 21 Parteien traten zur Wahl an. Die jüngsten Kandidaten waren Parmveer Singh (Humanisten) und Zara Tas (FDP), beide Jahrgang 2003. Rund ein Drittel der Kandidaten waren Frauen. Die Personen auf den Landeslisten und die Direktkandidaten waren unterschiedlich auf die 87 Wahlkreise verteilt.

Spannend waren wie immer die Kämpfe um die Direktmandate. Einige ausgewählte Ergebnisse aus den Wahlkreisen:

  • Der erste ausgezählte Wahlkreis war 035 Bad Pyrmont. Hier setzte sich SPD-Kandidat Ulrich Watermann gegen Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kienast (CDU) durch.
  • Den Wahlkreis 008 Wolfsburg holte sich Immaculata Glosemeyer (SPD).
  • Den Wahlkreis 010 Wolfenbüttel-Süd/Salzgitter holte sich Marcus Bosse (SPD).
  • Den Wahlkreis 013 Goslar konnte SPD-Kandidat Christoph Willeke für sich entscheiden.
  • Den Wahlkreis 016 Göttingen-Stadt gewann keine der beiden großen Parteien. Hier siegte Marie-Christine Kollenrott (Bündnis 90/Die Grünen).
  • Den Wahlkreis 019 Holzminden holte sich Sabine Tippelt von der SPD.
  • Den Wahlkreis 023 Hannover-Döhren holte sich erneut Doris Schröder-Köpf (SPD).
  • Den Wahlkreis 024 Hannover-Buchholz gewann der amtierende Ministerpräsident Stephan Weil (SPD).
  • Den Wahlkreis 027 Hannover-Mitte holte sich die Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen: Julia Willie Hamburg.
  • Den Wahlkreis 029 Lehrte gewann Thordies Hanisch (SPD).
  • Den Wahlkreis 038 Nienburg/Schaumburg holte sich SPD-Kultusminister Grant Hendrik Tonne.
  • Den Wahlkreis 046 Uelzen gewann Jörg Hillmer (CDU).
  • Den Wahlkreis 047 Elbe gewann Uwe Dorendorf (CDU).
  • Den Wahlkreis 049 Lüneburg konnte der Kandidat von Bündnis 90/Die Grünen gewinnen: Pascal Mennen.
  • Den Wahlkreis 051 Seevetal konnte der CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann für sich entscheiden.
  • Den Wahlkreis 054 Bremervörde gewann Dr. Marco Mohrmann (CDU).
  • Den Wahlkreis 057 Geestland gewann Claus Seebeck (CDU).
  • Den Wahlkreis 060 Osterholz konnte Axel Miesner für sich entscheiden.
  • Den Wahlkreis 061 Verden gewann Dörthe Liebetruth (SPD).
  • Den Wahlkreis 066 holte sich der CDU-Kandidat Lukas Reinken.
  • Den Wahlkreis 070 holte sich Umweltminister Olaf Lies (SPD).
  • Den Wahlkreis 078 Osnabrück West konnte Innenminister Boris Pistorius (SPD) für sich entscheiden.
  • Den Wahlkreis 079 Grafschaft Bentheim gewann klar Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU).
  • Den Wahlkreis 081 gewann Lara Maria Evers (CDU).
  • Den Wahlkreis 082 Papenburg holte sich CDU-Kandidat Hartmut Moorkamp.
  • Den Wahlkreis 083 Leer holte sich Ulf Thiele (CDU).
  • Den Wahlkreis 086 entschied SPD-Kandidat Wiard Friedrich Siebels klar für sich.

Wechsel gab es in den drei Wahlkreisen mit einem siegreichen Direktkandidaten von Bündnis 90/Die Grünen. Außerdem verlor die CDU an die SPD die Wahlkreise 030 Langenhagen, 038 Nienburg/Schaumburg, 040 Syke, 056 Stade und 072 Ammerland.

Über die Landeslisten zogen nach der Landtagswahl 2022 unter anderem folgende Abgeordnete in das Parlament ein:

  • Barbara Otte-Kienast, Dirk Töpffer, Melanie Rost-Reinecke, Sophie Ramdor und Björn Thümler für die CDU.
  • Christian Meyer, Anne Friederike Kura, Gerald Heere, Miriam Staudte und Evrim Camuz für Bündnis 90/Die Grünen.
  • Stefan Marzischewski-Drewes, Ansgar Schledde, Jens-Christoph Brockmann, Klaus Wichmann und Peer Lilienthal für die AfD.

Da die SPD 57 Direktmandate – so viele wie erreichte Sitze – holte, zieht niemand von der Landesliste in den neuen Landtag ein. Sollte jedoch ein Abgeordneter vorzeitig ausschieden, rücken die ersten nicht gewählten Kandidaten der Landesliste nach.

Alle Ergebnisse aus den Wahlkreisen und der Zweitstimmen sind bei der niedersächsischen Landeswahlleiterin abrufbar.

Knappe, aber klare Parlamentsmehrheit für den Ministerpräsidenten

Die SPD ist Wahlsieger der Landtagswahl 2022 und trotz leichter Verluste stärkste Partei. Das Ergebnis bietet den amtierenden Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) gute Chancen, seine Regierungsarbeit fortzusetzen. Er sieht einen klaren Wählerauftrag nach einem “unangenehmen Wahlkampf”. Allerdings könnte sich der Koalitionspartner ändern. Denn der bisherige Juniorpartner CDU unter Führung von Bernd Althusmann und die SPD haben einen Wahlkampf gegeneinander geführt. Wenn es Alternativen gibt, wird Weil diese nutzen wollen. Daher sieht es nach einem Wechsel zu einer Koalition aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen aus. Beide Parteien haben im neuen Landtag eine knappe, aber ausreichende Mehrheit.

In den Umfragen lag die SPD lange klar vorn. In den letzten Wochen wurde der Abstand etwas knapper. Durch den Bonus des beliebten Amtsinhabers konnten die Sozialdemokraten viele Direktmandate und Zweitstimmen für sich gewinnen und konnten trotz Verlute als klarer Sieger am Wahlabend feiern.

So schnitt die SPD bei der Landtagswahl 2022 ab

Obwohl die SPD auch in einigen Hochburgen verlor, konnte sie diese bei der Landtagswahl 2022 halten. In Emden/Norden erreichte sie mit 43,3 Prozent ihr bestes Ergebnis. Weitere starke Wahlkreise waren Leer/Borkum, Friesland, Salzgitter und Einbeck. Besonders schwach schnitten die Sozialdemokraten in Vechta ab. Hier erreichte die Partie nur 22,8 Prozent, konnte aber leicht zulegen. Ebenfalls schwach war sie in den Wahlkreisen Cloppenburg und Papenburg.

So schnitt die CDU bei der Landtagswahl 2022 ab

Unzufrieden war die CDU, die das schlechteste Wahlergebnis im Bundesland seit Jahrzehnten einfuhr. Landesvorsitzender und Spitzenkandidat Bernd Althusmann übernahm kurz nach Bekanntgabe der Prognosen die Verantwortung. Er kündigte sein Rückzug vom Landesvorsitz an. Die CDU war selbst in ihren Hochburgen schwach und verlor dort kräftig. Das beste Ergebnis fuhren die Christdemokraten im Wahlkreis Vechta mit 46,7 Prozent ein. Ebenfalls stark war die CDU in den Wahlkreisen Papenburg, Meppen, Cloppenburg und Lingen. Extrem schwach schnitt sie wie fast immer in Hannover-Linden ab. Dort kam die Partei nur auf 13,7 Prozent der Stimmen. Ebenfalls sehr schlechte Ergebnisse gab es in Hannover-Mitte und Oldenburg Mitte/Süd.

So schnitten Bündnis 90/Die Grünen bei der Landtagswahl 2022 ab

Bündnis 90/Die Grünen verloren gegenüber den Umfragen deutlich, konnten aber das beste Wahlergebnis in Niedersachsen feiern. Die Partei ist traditionell in den Städten besonders stark. Das beste Ergebnis mit 33,5 % holte die Partei im Wahlkreis Göttingen-Stadt. Ebenfalls stark war sie in Hannover-Mitte, Hannover-Linden, Oldenburg Mitte-Süd und Osnabrück West. Schwer hatten Bündnis 90/Die Grünen es bei der Landtagswahl 2022 dagegen auch wieder in den klassischen CDU-Hochburgen in Westniedersachsen. Die schwächsten Ergebnisse erzielte die Partei mit 7,3 Prozent in Papenburg. Aber auch in Cloppenburg-Nord und Salzgitter bliebt sie deutlich hinter dem Landesschnitt zurück.

So schnitt die AfD bei der Landtagswahl 2022 ab

Die Landtagswahl 2022 stand unter dem Einfluss der globalen Krise und der Bundespolitik. Die Parteien hatten es schwer, eigene landespolitische Akzente zu setzen. Lediglich die AfD profitierte von Protestwählern, die der Partei trotz Skandalen, einem in der Legislatur sehr zerstrittenem Landesverband und der Beobachtung durch niedersächsischen den Verfassungsschutz die Stimme gaben. Besonders stark war die rechte Partei in Salzgitter mit 18,4 Prozent sowie in den Wahlkreisen Gifhorn-Nord/Wolfsburg, Aurich, Leer/Borkum und Wolfenbüttel-Süd/Salzgitter. Sehr schwach schnitt sie in den Stadtzentren ab. In Göttingen-Stadt kam die AfD bei  der Landtagswahl 2022 nur auf 4,6 Prozent. Hannover-Mitte und Osnabrück-West waren ebenfalls deutlich unter dem Schnitt.

So schnitt die FDP bei der Landtagswahl 2022 ab

Die FDP dagegen musste lange zittern. Am Ende rechte es knapp nicht. Die Partei verlor auf breiter Front. Ihr stärkstes Ergebnis fuhren die Liberalen im Wahlkreis Cloppenburg-Nord mit 6,7 Prozent ein. Auch in Diepholz, Hannover-Döhren, Langenhagen und Holzminden waren die Ergebnisse vergleichsweise gut. Das schlechteste Ergebnis gab es mit 3,3 Prozent in Hannover-Linden und in Salzgitter. Nur wenig besser schnitt die FDP im Wahlkreis Leer/Borkum ab.

So schnitt Die Linke bei der Landtagswahl 2022 ab

Ebenfalls nicht im Landtag vertreten ist erneut Die Linke. Die Partei konnte ihre Verluste aus den vergangenen Jahren nicht stoppen und verlor weiter an Boden. In Hannover-Linden verloren sie fast die Hälfte ihres Stimmanteils, erreichte aber mit 7,3 Prozent das beste Wahlkreisergebnis bei der Landtagswahl. Ebenfalls über dem Schnitt waren die Ergebnisse in den Wahlkreisen Göttingen-Stadt, Oldenburg Mitte/Süd, Hannover-Mitte und Lüneburg. Besonders dramatisch war das Abschneiden mit 1,8 Porzent in den Wahlkreisen Vechta, Bremervörde, Grafschaft Bentheim, Bersenbrück, Papenburg und Meppen.

Wahlsystem der Landtagswahl

Der Landtag besteht mindestens aus 135 Sitzen. Um die Verteilung zu bestimmen, waren rund 6,1 Millionen Wahlberechtigte zur Stimmabgabe aufgerufen. Diese wählten in 87 Wahlkreisen mit zwei Stimmen. Die erste Stimme geht an einen der auf dem Wahlbogen geführten Kandidaten aus dem Wahlkreis. Die Zweitstimme geht an eine Partei und ihre Landesliste.

Der Kandidat aus jedem Wahlkreis, der die meisten Erststimmen auf sich vereint, zieht direkt in den neuen Landtag ein. Dabei kommt das Mehrheitswahlprinzip zur Anwendung. Anders als bei der Kommunalwahl reicht die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

Von den 135 Sitzen werden die 87 Direktkandidaten abgezogen. Die übrigen Sitze werden nach dem Verhältniswahlrecht verteilt. Dabei ziehen die Kandidaten der Landeslisten gemäß Stimmanteil in den Landtag ein und besetzen die übrigen freien Plätze. Dabei gilt die Fünfprozenthürde. Diese soll die Arbeitsfähigkeit des Parlaments sichern.

Zweitstimmenproporz und Überhangmandate

Abschließend kommt es zu einem Vergleich: Hat durch Erst- und Zweitstimmen zusammen eine Partie mehr Mandate errungen, als ihr nur nach Zweitstimmenanteil zustehen würde, sind dies Überhangmandate. Diese werden ausgeglichen, indem für jedes Überhangmandat neue Plätze anteilig an die Parteien vergeben werden. Ziel ist es, den Zweitstimmenproporz zu wahren.

Allerdings werden durch dieses System Partien mit vielen Direktmandaten tendenziell bevorteilt. Diese niedersächsische Besonderheit hat zur Folge, dass Wahlprognosen und erste Hochrechnungen eine größere Ungenauigkeit für die Sitzvergabe als in anderen Bundesländern beinhalten.

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