So haben die Niedersachsen abgestimmt
Nach einem wahren Auszählungsmarathon stehen die Ergebnisse fest. Die Kommunalwahl vom 11.09.2016 in Niedersachsen ist beendet. Wie im Vorfeld zu erwarten war, hat die AfD das bisherige Kräfteverhältnis in einigen Regionen, aber überraschenderweise nicht landesweit durcheinandergebracht. Obwohl der Landtag nicht zur Wahl stand, war die Kommunalwahl ein Stimmungstest für die Landesparteien.
6,5 Millionen Wahlberechtigte waren zur Kommunalwahl 2016 aufgerufen
Aufgerufen waren ca. 6,5 Millionen Bürgerinnen und Bürger in 37 Landkreisen. Zur Abstimmung standen die Wahlen zum Stadtrat, Ortsrat, Bezirksrat, Landrat sowie einige Landräte, Samtgemeindebürgermeister und Bürgermeister. Insgesamt über 2.125 kommunale Vertretungen mit 29.116 Sitzen entschieden die Bürgerinnen und Bürger. 66.939 Namen standen auf den Wahllisten. Darunter einige durch Bewerbungen für verschiedene Gremien auch mehrfach, sodass die Gesamtzahl der Einzelkandidaten niedriger ist.
Für die Räte hatten die Wählerinnen und Wähler drei Stimmen, die sie auf Listen und Direktkandidaten aufteilen oder/und bündeln (kumulieren und panaschieren) konnten. Das Auszählen dauerte bis in die Nacht. In einigen der 8.200 Wahllokalen soll es sogar zur Schlangenbildung gekommen sein. Zum einen war die Wahlbeteiligung mit 55,5 Prozent höher als zuletzt. Zum anderen waren die Stimmzettel sehr groß und unhandlich. Im Einsatz waren etwa 75.000 Wahlhelferinnen und Wahlhelfer.
Die höchste Wahlbeteiligung gab es in den Wahlkreisen Wolfenbüttel (60,8 Prozent), Rotenburg Wümme (60,1 Prozent) und Lüchow-Dannenberg (59,1 Prozent). Die prozentual wenigsten Wählerinnen und Wähler gingen in der Stadt Delmenhorst (44,8 Prozent), der Stadt Salzgitter (45,5 Prozent) und der Stadt Wilhelmshaven (48,8 Prozent) zur Wahl. Mit 6,5 Punkten stieg die Wahlbeteiligung im Wahlbezirk Celle am stärksten. Knapp dahinter mit 6,2 Punkten liegen die Städte Braunschweig und Oldenburg. Die größte Abnahme der Wahlbeteiligung mussten der Wahlkreis Northeim (- 3,2 Punkte), sowie Grafschaft Bentheim (- 2,5) und der Wahlbezirk Goslar (- 2,3) verzeichnen.
Landesweites Ergebnis der Kommunalwahl 2016 in Niedersachsen
Landeswahlleiterin Ulrike Sachs verkündete noch in der Nacht das vorläufige amtliche Endergebnis. Demnach gab es landesweit folgende Stimmenverteilung:
CDU 34,4 % (- 2,6)
SPD 31,2 % (- 3,7)
Bündnis 90/Die Grünen 10,9 % (- 3,4)
FDP 4,8 % (+ 1,4)
Die Linke 3,3 % (+ 0,9)
AfD 7,8 (+ 7,8)
Sonstige 7,4 % (- 0,6)
Wahlbeteiligung 55,5 % (+ 3,0)
Einzelergebnisse der Kommunalwahl 2016 uneinheitlich
Allerdings ist dies ein zusammengefasstes Ergebnis aus den einzelnen Kommunen. Die Einzelergebnisse weichen von diesem Landesergebnis der Kommunalwahl 2016 zum Teil deutlich ab. Dabei gibt es kaum einen allgemeinen Trend, sodass dieses Jahr die Kommunalwahlen wirklich echte Kommunalwahlen waren. Die Wählerinnen und Wähler folgten kaum einem europa-, bundes- oder landespolitischen Trend. Zwar hat das Thema Flüchtlinge auch einen kommunalpolitischen Effekt, die Gründe für die Ergebnisse und mögliche Erklärungen für den Wahlausgang sind jedoch von Kommune zu Kommune unterschiedlich. Damit werden sich in den kommenden Wochen die Parteien auseinandersetzen müssen, um daraus Rückschlüsse für ihr Handeln zu ziehen. Viel wichtiger sind jedoch die neuen Kommunalparlamente sowie die neu gewählten leitenden Beamten in Funktion von Bürgermeistern und Landräten.
Parteien unterschiedlich erfolgreich
Das uneinheitliche Bild zeigt sich für nahezu alle Parteien. Die CDU war wie traditionell immer im Emsland (59,3 Prozent), Vechta (59,1 Prozent) und Cloppenburg (57,9 Prozent) am erfolgreichsten. Die wenigsten Stimmen konnte sie in den städtischen Wahlbezirken Emden (19,2 Prozent), Wilhelmshaven (20,2 Prozent) und Oldenburg (22,1 Prozent) erringen. In Wilhelmshaben (- 13,2 Punkte) sowie dem Wahlbezirk Braunschweig Stadt (-12 ,0 Punkte) gab es zudem die größten Verluste.
Bei der SPD gab es die größten prozentualen Erfolge in Peine (42,2 Prozent), Stadt Salzgitter (41,3 Prozent) sowie Northeim (40,8 Prozent) zu verzeichnen. Die schlechtesten Werte erreichte die Partei in Lüchow-Dannenberg (17,9 Prozent), Emsland (19,1 Prozent) sowie Vechta (20,1 Prozent). Einem Debakel gleicht das Ergebnis im Wahlkreis der Stadt Emden. Hier verloren die Sozialdemokraten 20,7 Prozentpunkte der Stimmen.
Bündnis 90/Die Grünen erreichten in den städtischen Wahlbezirken Oldenburg (19,1 Prozent) und Osnabrück (18,1 Prozent) sowie im Wahlkreis Lüneburg (17,4 Prozent) die größten Stimmenanteile. Die FDP erzielten in der Stadt Emden (12,2 Prozent) und in den Wahlkreisen Holzminden (11,2 Prozent) und Oldenburg (9,7 Prozent) die besten Ergebnisse. Die Partei konnte zudem landesweit überall ihre Stimmenanteile steigern. Obwohl auch die Linken ihr traditionell schlechtes Kommunalwahlergebnis verbesserten, blieb die Partei sehr häufig unter fünf Prozent. Die stärksten Ergebnisse gab es in der Stadt Oldenburg (9,9 Prozent), Lüneburg (6,0 Prozent) sowie in der Stadt Salzgitter (5,8 Prozent).
Die AfD erzielte sehr zweigeteilte Ergebnisse. In der Tendenz ist die rechtspopulistische Partei im Südosten Niedersachsens stärker als im Nordwesten. Allerdings gibt es Ausnahmen. So erreichte die AfD in den Bezirken Stadt Delmenhorst (15,1 Prozent) und Stadt Wilhelmshaven (11,2 Prozent) zweistellige Ergebnisse. Das ist bemerkenswert, da hier die Wahlbeteiligung unterdurchschnittlich war. Zuletzt gab es bei Landtagswahlen für die Anti-Flüchtlingspartei besonders dort gute Ergebnisse, wo die Wahlbeteiligung hoch war.
Kommunalwahlen sind immer die Zeit für Wählergruppen. So auch diesmal. Lokale Gruppierungen erreichten in Lüchow-Dannenberg (29,9 Prozent), Stadt Emden (20,1 Prozent) und Stadt Wolfsburg (17,3 Prozent) sowie in Friesland, Stadt Wilhelmshaven, Aurich und Stade zweistellige Ergebnisse.
So wählte Hannover: Bürgermeister der Landeshauptstadt ohne Ratsmehrheit
In der Stadt Hannover gibt es nach vorläufigem Ergebnis erstmals seit dem zweiten Weltkrieg keine Mehrheit einer SPD-geführten Regierung. Oberbürgermeister Stefan Schostock kann sich nicht mehr auf eine rot-grüne Mehrheit stützen. Die SPD kam nur auf 31,3 Prozent der Stimmen, Bündnis 90/Die Grünen auf 16, 3 Prozent. Damit fehlen ihnen fünf Stimmen zur absoluten Mehrheit. Dennoch findet sich wohl auch in der Opposition keine Mehrheit, denn CDU (24,4 Prozent), Linke (7,0 Prozent) und FDP (5,1) kooperieren nicht. Störfaktor ist die AfD, die hier 8,6 Prozent erreichte.
Ein ähnliches Bild gibt es nun auch in der Regionsversammlung des bevölkerungsreichsten Kreises, der Region Hannover. Hier erreichte die SPD 31,2 Prozent und Bündnis 90/Die Grünen 13,6 Prozent. Für die bisherige Mehrheit reicht es nicht mehr. Die CDU erreichte 29,0 Prozent, die FDP 5,4 Prozent und die Linken 4,8 Prozent. Auch hier wirbelt die AfD mit 10,1 Prozent der Stimmen alles durcheinander.
SPD-Kandidaten siegen bei Landratswahlen
Die Sozialdemokraten können sich über direkte Wahlerfolge zum Landrat freuen. Im Landkreis Peine sicherte sich Franz Einhaus den Posten im ersten Wahlgang, im Landkreis Hildesheim holte Olaf Levonnen die absolute Mehrheit und im Landkreis Leer gewann Matthias Groote. Auch im Landkreis Wittmund setzte sich mit Holger Heymann ein SPD-Kandidat durch.
Stichwahlen in mehreren Landkreisen
Mit Spannung erwartet wurde der Ausgang im aus dem alten Landkreis Göttingen und dem Landkreis Osterode im Harz am 1. November 2016 neu zu gründende Landkreis Göttingen. Hier scheiterte SPD-Kandidat Bernhard Reuter nur knapp an der im ersten Wahlgang erforderlichen absoluten Mehrheit. Sein CDU-Konkurrent Ludwig Theuvsen kann in damit in zwei Wochen zur Stichwahl fordern.
Ebenfalls in die Stichwahl gehen CDU-Kandidat Gerhard Radeck und SPD-Kandidat Hans Werner Schlichting im Landkreis Helmstedt. Beide lagen deutlich über 40 Prozent und nahezu gleich auf. Wer am Ende das Rennen macht, entscheidet sich ebenfalls am 25.09.2016.
Bürgermeisterwahlen: Stichwahlen erforderlich
In Celle erreichte bei der Bürgermeisterwahl ebenfalls kein Kandidat die erforderliche absolute Mehrheit. Der SPD-Amtsinhaber Dirk-Ulrich Mende lag zwar knapp vor dem CDU-Herausforderer Jörg Daniel Nigge, muss jedoch in die Stichwahl. Gleiches gilt für Klaus Saemann (SPD) und Andreas Meier in Peine sowie Heiko Schmelzle (CDU) und Julia Feldmann (SPD) in Norden.
In anderen Gemeinden war es eindeutiger. In Lengede gewann SPD-Kandidatin Maren Wegener, in Alfeld Bernd Beushausen (SPD) und in Juist Tjark Goerges von der lokalen Wählervereinigung Pro Juist. In Nörten-Hardenberg setzte sich die parteilose Kandidatin Susanne Glombitza durch. Auch in Elsfleth gewann mit Brigitte Fuchs eine Parteilose. Stichwahlen sind auch in vielen weiteren Gemeinden erforderlich. Darunter auch in Essen bei Oldenburg. Hier trat Clemens Große Macke von der CDU an und gewann vor dem parteilosen Heinrich Kreßmann. Beide müssen in die Stichwahl.
Kommunalwahlergebnisse 2016: Wo finden Sie Ihr Ergebnis?
Neben dem landesweiten Ergebnis erfasst die Landeswahlleiterin die Ergebnisse der Direktkandidatenwahlen und die Ergebnisse für die Region Hannover sowie die Landkreise, die kreisfreien Städte und die Ergebnisse der “kreisangehörigen” Gemeinden. Bei Letzteren handelt es sich um alle Städte und Gemeinden. Diese Ergebnisse sind auf der Webseite zu den niedersächsischen Wahlen abrufbar. Anders ist es bei den Detailergebnissen aus Stadtbezirken, Ortsteilen und Gemeindeteilen. Diese Ergebnisse werden nur von der jeweiligen Kommune veröffentlicht.
Wann ist die nächste Kommunalwahl in Niedersachsen?
Die Kommunalwahl geht am 25.09.2016 mit den Stichwahlen in die zweite Runde. Die Arbeit für die neuen Abgeordneten beginnt am 1. November 2016 und dauert fünf Jahre. Die nächste Kommunalwahl in Niedersachsen findet entsprechend 2021 statt. Ausnahmen können lokale Nachwahlen sein.
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