Knappes Ergebnis nach langer Wahlnacht
Am 15. Oktober 2017 fand in Niedersachsen die vorgezogene Landtagswahl statt. Bis in den späten Abend hinein war das Ergebnis für die bisherige Koalition aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen äußerst knapp. Lange Zeit gab es keine Mehrheit, zwischendurch immer wieder eine knappe Mehrheit der Sitze im Landtag. Am Ende reichte es für die bisherige rot-grüne Regierung unter Ministerpräsident Stefan Weil ganz knapp nicht. Dennoch ist die SPD klar stärkste Partei und hat den Regierungsauftrag. Es wird jedoch schwierig, eine Koalition zu schmieden.
Landtagswahl 2017 in Niedersachsen: Eckwerte
Es waren etwas mehr als sechs Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, über die Zusammensetzung des 18. niedersächsischen Landtages zu bestimmen. Insgesamt standen 15 Parteien und Gruppierungen sowie 544 Kandidaten zur Wahl. In 87 Wahlkreisen bestimmten die Wahlberechtigten mit der Erststimme die direkt gewählten Abgeordneten sowie mit der Zweitstimme die Verteilung der Sitze im Landtag.
Wegen Besonderheiten des niedersächsischen Wahlsystems kommt es dabei zu Überhangsmandaten, die nicht vollständig ausgeglichen werden. Dabei werden größere Parteien mit übermäßig vielen Direktmandaten tendenziell etwas bevorzugt. Gleiches gilt für die Sitzvergabe, bei der ebenfalls vorhandene Sitze eher an Parteien mit mehr prozentualen Wählerstimmen gehen. Die daraus resultierenden Besonderheiten lassen sich nur schwer in Hochrechnungen abbilden, weshalb der Wahlabend lange Zeit äußerst spannend war und die tatsächliche Sitzverteilung bis zum Ende unklar. Die Wahlbeteiligung stieg von 59,4 Prozent auf 63,1 Prozent.
Vorläufiges amtliches Endergebniss der Landtagswahl 2017 in Niedersachsen
Die Parteien kommen nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis auf folgende Prozentzahlen:
- CDU: 33,6 % (- 2,4)
- SPD: 36,9 % (+ 4,3)
- Bündnis 90/Die Grünen: 8,7 % (- 5,0)
- FDP: 7,5 % (- 2,4)
- Die Linke: 4,6 % (+ 1,5)
- AfD: 6,2 % (+ 6,2 )
- Wahlbeteiligung: 63,1 % (+ 3,7)
Sitzverteilung nach der Landtagswahl 2017 in Niedersachsen
Aus den genannten prozentualen Ergebnissen sowie Überhangsmandaten durch besonders viele Direktmandate ergibt sich für den 18. Landtag in Niedersachsen folgende Sitzverteilung (vorläufige offizielle Angabe):
- CDU: 50
- SPD: 55
- Bündnis 90/Die Grünen: 12
- FDP: 11
- AfD: 9
Landtagswahl Niedersachsen 2017 – Gewinne und Verluste für die Parteien
Insgesamt hat die CDU als bisher stärkste Partei die Wahl klar verloren. Spitzenkandidat Bernd Althusmann fuhr das schlechteste Ergebnis für seine Partei seit 1959 ein. Stefan Weil hingegen erreichte für die SPD ein Ergebnis, das die Sozialdemokraten zuletzt nur mit Ministerpräsident Gerhard Schröder erzielten. Zudem nahm die SPD der CDU 23 Wahlkreise bei den Direktmandaten ab. Bündnis 90/Die Grünen haben deutlich Stimmen verloren. Etwas moderater fielen die Verluste für die FDP aus, die bei der Wahl zuvor aber ein außerordentlich gutes Ergebis erreichten. Die Linken schafften es trotz Zugewinnen einmal mehr nicht in den niedersächsischen Landtag. Die AfD trat erstmals bei einer Landtagswahl an. Sie zog zwar wie erwartet in den Landtag ein, verfehlte aber ihr niedersächsisches Ergebnis bei der Bundestagswahl im September 2017.
Ergebnisse aus den Wahlkreisen bei der Landtagswahl 2017 in Niedersachsen
Unter den 87 Direktmandaten gab es einige prominente Wahlsieger:
- Ministerpräsident Stefan Weil gewann seinen Wahlkreis Hannover-Buchholz.
- Kultusministerin Frauke Heilgenstadt (SPD) gewann ihren Wahlkreis Northeim direkt.
- Innenminister Boris Pistorius (SPD) holte den Wahlkreis Osnabrück-West mit deutlichem Vorsprung.
- Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) holte mit deutlicher Mehrheit den Wahlkreis Friesland.
- Fraktionsvorsitzende Johanne Modder (SPD) hielt im Wahlkreis Leer/Borkum die Konkurrenz klar auf Abstand.
- Doris Schröder-Köpf (SPD) behauptete sich im Wahlkreis Hannover-Döhren knapp.
- Bernd Althusmann (CDU) konnte seinen Wahlkreis Seevetal knapp für sich entscheiden
- Helmut Damman-Tamke CDU setzte sich im Wahlkreis Buxtehude durch.
- Jens Nacke (CDU) entschied mit einem hauchdünnen Vorsprung den Wahlkreis Ammerland für sich.
- Ulf Thiele (CDU) gewann im Wahlkreis Leer mit knappem Vorsprung.
Die CDU erziele ihr bestes Ergebnis im Wahlkreis Vechta mit 57,5 Prozent. Im Wahlkreis Hannover-Linden reichte es dagegen nur für 16,8 Prozent. Die SPD holte ihr bestes Ergebnis mit 49,4 Prozent im Wahlkreis Emden/Norden. 20,7 Prozent im Wahlkreis Vechta stehen dagegen für das schlechteste Ergebnis der Partei. Bündnis 90/Die Grünen erzielten in Göttingen-Stadt mit 20,2 Prozent ihr bestes Ergebnis, im Wahlkreis Salzgitter fuhren sie jedoch mit 4,5 Prozent das schlechteste Ergebnis ein. Mit 5,0 Prozent war das Ergebnis der FDP im Wahlkreis Hannover-Linden am schlechtesten. Die Liberalen holten dafür mit 10,9 Prozent im Wahlkreis Oldenburg-Land ihr bestes Ergebnis. Die AfD holte in Salzgitter mit 13,7 Prozent der Stimmen ihr bestes und im Wahlkreis Grafschaft Bentheim mit 3,2 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis. Umfassende Ergebnisse der Wahlkreise sind bei der Landeswahlleiterin abrufbar.
Regierungsbildung in Niedersachsen nach der Landtagswahl 2017
Im Vorfeld schlossen die bisher im Landtag vertretenen Parteien Gespräche mit der AfD aus, sollte diese in den Landtag einziehen. Zugleich zeichnete sich eine schwierige Situation schon im Vorfeld ab. Denn die SPD bezeichnete eine große Koalition als nicht erstrebenswert. Zugleich wollte die FDP nicht mit SPD und Bündnis 90/Die Grünen zusammenarbeiten und die Bündnis-Grünen wiederum nicht mit der CDU.
Auf dieser Basis ist eine stabile Regierungsbildung für Niedersachsen schwierig. Es bleibt abzuwarten, ob Ministerpräsident Weil doch noch eine Ampelkoalition auf die Beine stellen kann. Wahrscheinlicher ist eine große Koalition. Ob die mit Bernd Althusmann als Minister stattfinden wird, ist derzeit unsicher. Denn dieser wollte offenbar vorrangig Fraktionsvorsitzender der CDU im Landtag werden. Rein theoretisch ist auch eine sogenannte Jamaika-Koalition von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP denkbar, was viele Beteiligte und Experten jedoch als unwahrscheinlich ausschließen. Unmöglich ist dies jedoch aufgrund der schwierigen Mehrheitsverhältnisse nicht.
Gründe für die vorgezogene Landtagswahl in Niedersachsen.
Die Landtagswahl wurde vorgezogen, da der Landtag am 21. August 2017 seine Auflösung beschloss, Vorausgegangen war ein Fraktionswechsel der Abgeordneten Elke Twesten von Bündnis 90/Die Grünen zur CDU. Damit verlor die Regierungskoalition ihre knappe Mehrheit im Landtag. Der Fall rief große Empörung hervor, da Anfang 2018 ohnehin neue Wahlen gewesen wären. Twesten musste sich mit Vorwürfen auseinandersetzen, dass sie aus persönlichen und niederen Motiven die Regierung zu Fall bringen wollte. Denn sie hatte zuvor parteiintern einen Posten nicht bekommen. Rechtlich ist an dem Wechsel der Fraktion nichts auszusetzen. Moralisch gilt dieser Schritt als höchst fragwürdig.
Foto: Clipdealer, bearbeitet