Buntes Bentheimer Schwein
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Buntes Bentheimer Schwein

von Redaktion
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Heimische Schweineart aus Westniedersachsen

Das Bunte Bentheimer Schwein bezeichnet eine schwarz gescheckte, alte Schweinerasse, die ihren Ursprung in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen hat. Das saftige und geschmackvolle Fleisch des Bentheimer Landschweins verfügt über einen hohen Speckanteil, was es in den entbehrungsreichen Nachkriegsjahren zu einem der gehaltvollsten Lebensmittel in den Zuchtregionen gemacht hat.

Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die deutsche Zucht in den heutigen niedersächsischen Landkreisen Grafschaft Bentheim, Emsland und Cloppenburg sowie im nordrhein-westfälischen Wettringen. Nach den Wirtschaftswunderjahren wurde zunehmend  mageres Fleisch nachgefragt, die Zahl der Zuchtbetriebe ging bedenklich zurück, das Bunte Bentheimer Schwein geriet in Vergessenheit. Einem Züchter aus der Grafschaft Bentheim ist es zu verdanken, dass es diese stark vom Aussterben bedrohte Schweinerasse überhaupt noch gibt. Der eigens gegründete gemeinnützige Verein zur Erhaltung der alten Landrasse mit Sitz in Nordhorn setzt sich mit vielen Aktivitäten für das Nutztier ein. Heute, wo Geschmack, Nachhaltigkeit sowie die Bedeutsamkeit von Tradition und heimischer Artenvielfalt im Vordergrund stehen, ist auch das Bunte Bentheimer Schwein im wahrsten Sinne des Wortes wieder in aller Munde.

Merkmale, Zuchteigenschaften und Fleischqualität des Bentheimer Landschweins

Das Bunte Bentheimer Schwein ist unter den Schweinerassen eine optische Rarität, man könnte auch sagen, die Kuh unter den Schweinen. Es besitzt über den gesamten Körper unregelmäßig verteilt schwarze Flecken in unterschiedlichen Größen. Die Grundfarbe ist grau, weiß oder hellrosa.

Seine Statur ist mittelgroß, zeigt sich langgestreckt, rahmig, mit kurzen Beinen und Schlappohren, wie es sich für den Typus eines Landschweins gehört. Der Eber erreicht eine Schulterhöhe von bis zu 75 cm und kann bis zu 250 kg wiegen, die Schulterhöhe der Sau wird mit ca. 70 cm angegeben, das Gewicht beträgt beim weiblichen Tier bis zu 180 kg.

Das Bunte Bentheimer Schwein gilt als robust, stressresistent, genügsam und wenig anspruchsvoll in der Haltung. Es ist sehr fruchtbar und bringt entsprechend gerne und viel Nachwuchs zur Welt. Das Fleisch des Schweins ist für seine ausgezeichnete Qualität in punkto Aussehen, Brateigenschaften Geschmack bekannt, die sich durch den hohen intramuskulären Fettanteil ergibt.

Die Zucht dieser außergewöhnlichen Schweinerasse erfolgt ausschließlich auf landwirtschaftlichen Höfen oder von Hobbyzüchtern, für die Massentierhaltung kommt das Landschwein nicht in Frage. Heute finden sich bundesweit Zuchtbetriebe für diese Art, da das Fleisch sehr begehrt ist. Die meisten Zuchthöfe haben sich dabei in Niedersachsen gehalten. Die natürliche Haltung gewährt den Tieren viel Auslauf, Weidemöglichkeiten auf Wiesen oder in Wäldern, das Zusammenleben in Gruppen und eine abwechslungsreiche Fütterung. Traditionell und dort, wo es möglich ist, werden die Schweine saisonal mit Eicheln gefüttert.

Zuchtgeschichte der alten Landrasse

Mitte des 19. Jahrhunderts hatten auf den Höfen in Deutschland die Bäuerinnen die Verantwortung für die Schweinzucht. Die Frauen waren nicht nur von den weißen Landschweinerassen, sondern auch von den bunt gescheckten Schweinen angetan.

Im holländischen Grenzgebiet Niedersachsens (heutige Landkreise Bentheim, Emsland, Cloppenburg) wurde um 1840 mit der Zucht einer neuen Rasse begonnen, welche die Leistung der damaligen Hausschweine weit übertreffen sollte. Dazu wurde das so genannte Marschschwein, als europäisches Landschwein, mit britischen Schweinen wie Berkshire-Eber und Cromwells eingekreuzt. Das Ergebnis der Kreuzungen waren bunt gescheckte Ferkel mit Schlappohren, die zur Weiterzucht genutzt wurden.

In den frühen 1950er Jahren erlebte das Bunte Bentheimer Schwein seine ausgesprochene Blütezeit. Gerade in den ersten Jahren nach Krieg und Wiederaufbau avancierte dieses Schwein zu einem ausgezeichneten Fleischlieferanten, es war einfach und günstig zu halten, sein Fleisch bot jede Menge Energie und Fett – alles in allem die ideale Grundlage für die damals noch schwierige Versorgung. Während das Wirtschaftswunder zunehmend in Fahrt kam, wurde Mitte der 1950er Jahre schon der Niedergang des Bentheimer Landschweins eingeläutet. Die Nachfrage nach fettarmem Schweinefleisch stieg Ende der 1950er Jahre deutlich an. Zudem wurde die Schweinemast industrialisiert, billige Massentierhaltung löste die reine Hofhaltung vielerorts ab.

Das kurios anzuschauende Schwein galt in den 1980er-Jahren bereits als ausgestorben. Es wäre auch längst ausgestorben, hätte nicht der Züchter Gerhard Schulte-Bernd aus der Grafschaft Bentheim an „seiner“ Schweinerasse festgehalten. Seit den 1960er Jahren betrieb er seine Zucht weiter und leistete nebenbei auch Überzeugungsarbeit für den Erhalt, die Weiterzucht und Vermarktung der Traditionsrasse. Bis in die 1990er Jahre hinein war er der einzige Landwirt mit dem größten Bestand. Deutschlandweit wurden zu dieser Zeit noch knapp 100 Tiere gezählt.

Umwelt-, Tierschutz, Nachhaltigkeit und Qualität bei Lebensmitteln führten zusammen mit dem Engagement des Züchters zur wiedererlangten Popularität und Nachfrage des Bunten Bentheimer Schweins. Wie in den Anfängen wird auch heute wieder ein Zuchtbuch geführt. Der Verein „Die Swatbunten“, der 2003 gegründet wurde, hat es sich zur umfassenden Aufgabe gemacht, das immer noch vom Aussterben bedrohte Schwein in seiner genetischen Reinheit und als Kulturgut zu erhalten.

Vermarktung und Spezialitäten vom Bentheimer Schwein

Bentheimer Schweinefleisch gibt es nicht von der Stange und nicht als Massenware, daher sind auch die Vertriebswege regional organisiert. In Frage kommen der direkte Verkauf über Hofläden der Erzeuger und die Lieferung an regionale Fleischerfachgeschäfte, Feinkostläden und die heimische Gastronomie. Der Vertrieb über Lebensmittel- und Supermärkte ist bisher nicht möglich, könnte aber in einem näheren Umkreis der Erzeugerhöfe vielleicht in einigen Jahren zum Thema werden.

Das Bunte Bentheimer Schwein wird von Grillfreunden, Gourmets und Fleischfans hoch geschätzt. Seine fettdurchzogene Marmorierung garantiert Zartheit und besten Geschmack. Es eignet sich auch hervorragend für die Herstellung von allen gängigen Wurstwaren. Angeboten wird die gesamte Fleischpalette von Krustenbraten und Filet über Oberschale, Schulter, Lende, Nuss, Bauch hin zu Schweinekarree und dem Presa aus dem Schulterblatt. In Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen ist das Fleisch vom bunten Schwein Grundlage für den Westfälischen Knochenschinken, in Hessen wird daraus die Ahlen Wurst, als regionale Spezialität, hergestellt.

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