Varel

Varel

von Redaktion
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Gemeinde am Jadebusen

Zwischen Oldenburg und Wilhelmshaven, im Landkreis Friesland liegt die Stadt und selbstständige Gemeinde Varel. Über 24.000 Einwohner zählt die Stadt am niedersächsischen Jadebusen, deren Gesamtfläche 113,54 qkm beträgt. Den größten Raum nehmen die landwirtschaftlichen Nutzflächen mit 76,8 qkm, gefolgt von den Gebäude- und Freiflächen mit 12,6 qkm und Waldflächen mit 10,1 qkm.

Varel gliedert sich in den Stadtkern und 20 weitere Ortsteile, von denen das Nordseeheilbad Dangast der bekannteste Stadtteil und das touristische Highlight von Varel ist. Im Süden grenzen die Gemeinden Rastede und Wiefelstede, im Osten die Gemeinde Jade, im Westen die Gemeinde Bockhorn an die maritime Stadt an.

Meer, Wald und Landwirtschaft bestimmen das Stadtbild. Varel besitzt einen eigenen Hafen, kleinere Gewässer, die an der Stadt vorbei oder um sie herum fließen, sind die Wapel und das Entwässerungssystem der Südender und Nordender Leke. Neben dem Hafen finden sich reizvolle Sehenswürdigkeiten, darunter Schlosskirche, Windmühle, Heimatmuseum, die Stadtgeschichte repräsentieren. Durch das renommierte Nordseeheilbad Varel Dangast bietet die Hafenstadt eine entsprechende Infrastruktur mit Unterkünften, Gastronomie und Freizeiteinrichtungen. Naturfreunde kommen im Naturschutzgebiet Mühlenteich auf ihre Kosten.

Geschichtliche Entwicklung der Stadt Varel

Erste archäologische Belege für die Existenz von Menschen im Gebiet Varel werden der Stein- und Bronzezeit zugeordnet. Weiterhin konnte eine gefundene Urne aus der Zeit zwischen 200 und 400 n. Christi Geburt aufzeigen, dass der Volksstamm der Chauken im Raum Varel gelebt hat. Im Frühmittelalter nahmen die Friesen die Region ein und besiedelten das Küstengebiet.

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Seit dem 12. Jahrhundert ist die Stadtgeschichte schriftlich festgehalten. Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1124, als Papst Kalixt II. dem Kloster Rastede Besitzrechte an Ländereien und Höfen, inklusive der „curias Varlas“ bestätigte.

Wie der Stadtname zustande gekommen ist, bleibt bis heute unklar. Vermutlich ist er eine Mischung aus althochdeutschen und altfriesischen Worten wie Wald, Herrschaft, Fahrtweg.

Den Grundstein für die Stadtentwicklung legte etwa um 1150 der Bau der ersten steinernen Wehrkirche in Varel, die heute als Schlosskirche ein Wahrzeichen der Hafenstadt abbildet. Der Anbau von Turmanlage, Querhäusern und Chor vervollständigte den Kirchenbau, der im 15. Jahrhundert beendet wurde. Varel galt schon vor 1230 als Sitz einer von vier Gau- oder Sendkirchen im friesischen Gau Rüstringen, wo sich die gewählten Richter des Güstringer Viertels Varel trafen (bis 1314). Etliche, schwere Sturmfluten trennten Varel kontinuierlich vom eigentlichen Viertel ab, weshalb Bant zu Beginn des 14. Jahrhunderts zum Hauptort erklärt wurde. Das bis dato von den ostfriesischen Häuptlingen beherrschte Varel geriet unter den Einfluss der Oldenburger Grafen, was Abhängigkeiten zur Folge hatte. Durch den Tod des letzten Häuptlings ging Varel 1481 gänzlich in den Oldenburger Herrschaftsbereich über. Von 1577 bis 1647 gehörte das Amt Varel kurzeitig den Herren von Delmenhorst, bevor es wieder zur Oldenburger Herrschaft unter HHhhGraf Anton Günther kam.

Mitte des 17. Jahrhunderts entwickelte sich die dörfliche Siedlung Varel zu einer kleinen aber feinen Residenz.  Das Amt Varel gelangte schon 1654 an den unehelichen, aber legitimierten und in den Adelsstand erhobenen Sohn des Oldenburger Grafen, Anton von Aldenburg, der 1653 zum Reichsgrafen ernannt wurde. In der Zeit von 1656 bis 1689 erfolgte der Ausbau des Vareler Schlosses neben der Amtskirche zur Residenz für den Reichsgrafen, der 1667 das Erbe seine Vaters endgültig antrat. Zum Dank ließ er das Vareler Waisenhaus erbauen, das heute zu den bedeutenden, historischen Sehenswürdigkeiten zählt. Als Anton von Aldenburg 1680 starb und seine schwangere Frau mit dem noch ungeborenen Sohn Anton II. zurückließ, wurde Varel unter dänische Zwangsverwaltung gestellt. Eine Übernahme durch den dänischen König scheiterte jedoch.

Charlotte Sophie, die Tochter von Anton II., heiratete 1733 Reichsgraf Wilhelm von Bentinck. 1740, zwei Jahre nach dem Tod des Vaters, wurde die unglückliche Ehe geschieden, was mit einem ausgedehnten Streit um die Aldenburger Besitztümer einherging. Charlotte verzichtete gegen Zahlung einer jährlichen Rente auf die Herrschaft Varel und das zugehörige Kniphausen, welche dann auf ihre beiden Söhne übertragen wurden und so in den Besitz der Familie Bentinck gelangten.

Reichsgraf Wilhelm Gustav Friedrich von Bentinck (1762-1835), ein Enkel von Charlotte, bestimmte fortan die Vareler Herrschaft, die auch durch die napoleonischen Feldzüge und die damit verbundene Seehandelsfreiheit geprägt war. Napoleon brachte 1810 die deutschen Nordseeküstenländer unter französische Flagge, um den Schmuggelhandel mit England zu beenden. Daraus resultierte die Eingliederung Varels als Kanton in das Departement des Bouches du Weser. 1814 geriet Varel provisorisch unter oldenburgische Verwaltung. Als Wilhelm von Bentinck 1835 starb, entfachte ein erbitterter Erbfolgestreit, der erst 1854 durch einen Vergleich beendet wurde. Danach erhielt der oldenburgische Staat alle Eigentums- und Hoheitsrechte an den aldenburgisch-bentinckschen Hofkammergütern gegen Zahlung einer Abfindung.

Im so genannten Kirchspiel Varel bildete sich 1832 aus den Bauernschaften Nord- und Südende der Flecken Varel mit eigener Ortsverwaltung. 1856 erfolgte der Aufstieg des Fleckens zur Stadt II. Klasse, die eigenständige Landgemeinde Varel entwickelte sich währenddessen aus den übrigen, umliegenden Bauernschaften des Kirchspiels. Ab 1858 durfte sich Varel Stadt 1. Klasse nennen, was dem wirtschaftlichen Aufschwung durch die Industrialisierung geschuldet war. Spinnereien, Webereien, Eisen verarbeitende Betriebe, Ziegeleien, Leder-, Tabak- u. Seifenfabriken, Mühlen formten das Bild der Stadt zunehmend, ebenso wie der 1850 errichtete Hafen für den Im- und Export sowie die Schiffswerft. Varel wuchs bis Mitte des 19. Jahrhunderts zum wichtigsten Industriestandort heran und avancierte zur zweitgrößten Stadt des Herzogtums Oldenburg. Der Eisenbahnanschluss 1867 an die Strecke Bremen-Oldenburg-Heppens legte einen weiteren Meilenstein der Stadtgeschichte. Mit dem Abriss des Vareler Schlosses, der 1871 abgeschlossen war, endete die Residenzzeit. Das Bürgertum gewann an Bedeutung und Rechten. Ab 1872 entstand der neue Schlossplatz als Markt- und Veranstaltungsplatz.

Neuere Geschichte

In den folgenden Jahrzehnten bis weit in das 20. Jahrhundert wechselten sich Rezension und wirtschaftlicher Aufschwung ab. Vor dem 1.Weltkrieg ging 1905 die Hansa-Automobilgesellschaft an den Start, die bis zu ihrer Schließung im Jahr 1929 im Stammwerk Varel PKW herstellte und zu den größten Arbeitgebern ihre Zeit gehörte. 1913 konnten Wasserwerk und Wasserturm errichtet werden. Aufgrund der oldenburgischen Verwaltungsreform von 1933 entstand das Amt Friesland durch die Zusammenlegung der Ämter Varel und Jever, was Varel den Status „Stadt I. Klasse“ kostete. Nationalsozialismus und 2. Weltkrieg forderten Mensch und Ort viel ab. 1945 fand dieses dunkle Kapitel mit der Übergabe der Stadt an eine kanadische Einheit ein Ende. Es begann der Wiederaufbau, die Einwohnerzahlen stiegen durch die Aufnahme von Vertriebenen, Flüchtlingen und Zwangsarbeitern im Stadtgebiet bis 1950 von 8.048 auf 19.939 an.

1946 erfolgte die Zuweisung der oldenburgischen Gemeinen Stadt Varel und Land-Varel zum Land Niedersachsen.

In den Wirtschaftswunderjahren ging es steil bergauf, etliche Betriebe unterschiedlicher Branchen wie Maschinen- und Flugzeugbau oder Nahrungsmittel- und Papierindustrie kurbelten die Wirtschaft an. Im Zuge der niedersächsischen Gebietsreform 1972 wurden Umland und alte Stadt zur neuen Gesamtstadt Varel mit ca. 24.600 Einwohnern vereint. Seit 1986 übernimmt sie als selbstständige Gemeinde auch die Aufgaben, die vorher beim Landkreis Friesland lagen. Ebenfalls in den 1970er Jahren hat sich die Stadt eine neue Einnahmequelle durch den Ausbau des Nordseeheilbades Varel-Dangast geschaffen.

Wirtschaft und Verkehr in Varel

Kleine und mittelständische Betriebe steigern das Bruttosozialprodukt in Varel gleichermaßen wie die großen Zweigwerke der renommierten Unternehmen AIRBUS und Bahlsen sowie die Vareler Papier- und Kartonfabrik. Handel, Handwerk, Dienstleistungen sind im Mittelzentrum von Oldenburg und Wilhelmshaven maßgeblich am Umsatz beteiligt. Gastronomie und Hotellerie unterstützen den touristischen Bedarf, der durch das Nordseebad Dangast und viele Tagestouristen gegeben ist. Der Jade-Weser-Port und die damit verbundenen Gewerbeflächen sollen langfristig die Neuansiedlung von Betrieben vorantreiben. Land- und Forstwirtschaft spielen in der Flächennutzung wie auch in der wirtschaftlichen Komponente eine bedeutende Rolle.

Die Küstenfischerei (vornehmlich Granat/Krabben) oder der Güterumschlag haben wirtschaftlich heute so gut wie keinen Stellenwert im Hafen mehr, stattdessen überwiegt die touristische Nutzung als Sportboothafen.

Varel ist mit Anschlussstellen an die A 29 und die B 437 an das Straßenverkehrsnetz angebunden, wobei die B 437 auch die A 29 mit der A 27 verbindet. Varel besitzt einen eigenen Bahnhof, der im Nordosten der Stadt liegt. Die NordWestBahn bietet im Stundentakt Schienenverbindungen auf der Strecke Wilhelmshaven-Oldenburg/Wilhelmshaven-Osnabrück. Viermal täglich gibt es Direktverbindungen nach Bremen. Mit den Buslinien des ÖPNV kann die Vareler Innenstadt und die Stadt Oldenburg erreicht werden.

Zum, wenn auch überwiegend verkehrsberuhigten, Verkehrsbild gehört das Fahrrad. Es bieten sich an Bundes- und Landesstraßen gut ausgebaute Radwege, die Stadt ist an das europäische Rad-Wanderweg-Netz EuroVelo angeschlossen. Weitere Möglichkeiten eröffnen sich mit dem Nordseeküsten-Radweg EV 12 und mit dem Radweg von der alten B 69 nach Süden in Richtung Oldenburg. Hauptsächlich interessant für Bootsfahrer ist der Seewasserweg, auf dem Hafen und Schleuse in Varel direkt anvisiert werden können.

Sehenswürdigkeiten & Freizeitaktivitäten in Varel

Es gibt viel zu bestaunen in Varel, allen voran die bedeutenden Bauwerke der Stadtgeschichte. Dazu gehören die Schlosskirche am Schlossplatz, als Wahrzeichen und ältestes Bauwerk der Stadt, deren Grundgerüst aus Holz schon um 800 errichtet wurde. Benannt ist sie nach dem ehemaligen Schloss, zu dessen Gebäudekomplex sie gehörte. Die heutige Kirche entstand im 12. Jahrhundert aus Findlingen und erfuhr mehrfache Erweiterungen, die mit dem letzten Umbau der Doppelturmanlage zur massiven Turmanlage im 18. Jahrhundert endgültig abgeschlossen waren. Die Kirche beherbergt unter dem Altarraum die Familiengruft der Grafen von Bentinck.

In der Zeit von 1847 bis 1848 ließ der letzte Graf Gustav Adolf von Bentinck die Vareler Windmühle als Gallerieholländer erbauen. Mit einer Höhe von knapp 30 Metern gilt sie als zweithöchste Mühle in Deutschland und einer der höchsten ihres Typs. Nach der Stilllegung der Mühle erwarb und restaurierte die Stadt das Kleinod in den 1970er Jahren, um sie als Museumsmühle und für die Ausstellung der heimatkundlichen Sammlung des Heimatvereins zu nutzen. Die Stadt besitzt darüber hinaus ein vom Heimatverein e.V. betriebenes Heimatmuseum, das 1952 in einem historischen Haus am Neumarktplatz eingerichtet und großzügig, zuletzt im Jahr 2015, erweitert wurde.

Mit dem roten Backsteinbau des Waisenhauses, das 1671 von Graf Anton von Aldenberg gestiftet wurde, präsentiert sich ein prächtiges Denkmal von nationalem Rang, das heute Sitz eines heilpädagogischen Kinderheimes ist. Weitere geschichtsrelevante Bauwerke sind der 50 Meter hohe Vareler Wasserturm, das Amtsgericht, der Bahnhof und das denkmalgeschützte Hansagebäude.

Romantisch mutet ein weiteres Wahrzeichen, der Vareler Hafen mit der Wilhelm-Kammann-Schleuse, an. Er erfüllt heute die Ansprüche an einen modernen Sportboothafen, in dem einzelne bunte Fischkutter kontrastreiche Highlights setzen. Hier treffen sich Gäste und Einheimische, um feinen Fisch zu verköstigen, die kleinste Kneipe Deutschland zu besuchen oder einfach nur den Blick schweifen zu lassen. Einzelne Überreste der Christiansburg, welche der Dänenkönig im 17. Jahrhundert errichten ließ, sind im Hafenbereich noch vorhanden.

Über den „Varel-Pfad“, der sich aus drei verschiedenen Rundwander-Routen, die zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt führen, zusammensetzt, lässt sich Varel auf eigene Faust per Rad oder pedes erkunden. An den insgesamt 55 Hinweistafeln ausgewählter Stationen können die Interessierten über QR-Codes weitere Informationen abrufen.

Varel bietet in Sachen Freizeit und Kultur ein großes Angebot für alle Altersklassen. Wer sich sportlich betätigen möchte findet mit Schwimmen, Segeln, Boßeln, Fußball, Volleyball, Reiten oder Rugby ein umfangreiches Angebot. Neben dem Strandareal und dem Quellbad im Nordseebad Dangast bieten sich das Hallenbad oder das Freibad am Bäker zum Badevergnügen an.

Gesellig Feiern können Einheimische und Gäste bei den großen Veranstaltungen im Verlauf des Jahres wie Frühlingsfest, Spargelmeile, Töpfermarkt, Schleusenfest, Kramermarkt, Pferdemarkt, Kürbisfest und Weihnachtsmarkt.

Nordseeheilbad Varel-Dangast

Wellness, Kuren, Badespaß heißt es im Nordseeheilbad Dangast mit natürlichem, kostenfreien Sandstrand, Heilwasser, Meerwasserquellbad, Kuranlange und Nationalparkhaus. Der Grundstein wurde bereits im Jahre 1804 mit der vom Reichsgrafen von Bentinck gegründeten Seebadeanstalt gelegt. Der Badeort ist von den Malern der expressionistischen Künstlergruppe „Die Brücke“ geprägt, die sich Mitte des 20. Jahrhunderts hier gerne aufgehalten haben.

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