Weserrenaissance in Niedersachsen

Weserrenaissance

von Redaktion
3 Minuten Lesedauer

Typische Kunst- und Architekturrichtung in den Regionen Niedersachsens

Bezeichnend für die Renaissance, die als Übergangszeit zwischen Mittelalter und Neuzeit angesehen wird, und ihre stilistischen Ausprägungen in Malerei, Architektur, Skulptur, Philosophie und Literatur war Italien. Hier ließ man die römische und  griechische Antike in allen Bereichen wiederaufleben und nahm sie gerne zum Vorbild. Daher auch der Begriff Renaissance, der mit Wiedergeburt übersetzt werden kann. Von Italien breitete sich die europäische Kulturepoche, die ihre Hoch- oder Kernzeit im 15. und 16. Jahrhundert hatte, in die übrigen Länder aus, wenn auch mit eigenen Ausprägungen und Varianten.

Eine regionaltypische Variante der „nordischen Renaissance“ findet sich mit der Weserrenaissance, die sich heute mit eindrucksvollen Bauten entlang der Weser von Bremen über Niedersachsen bis in weite Teile Nordrhein-Westfalens und Teile Hessens erstreckt. Gerade in Niedersachsen kann die Weserrenaissance viele einzigartige Bauwerke, darunter Schlösser, Rat- und Patrizierhäuser, vorweisen, die zum Teil aufwendig restauriert wurden.

Entstehung und kulturgeschichtliche Bedeutung der Weserrenaissance

Die Weser war im 16. und 17. Jahrhundert der Haupttransportweg für Waren, Baumaterialien und neue Ideen aus aller Welt. Daher begründete der Fluss auch die besonders agile Bautätigkeit an der Oberweser, deren Gebiete in Zeiten der Agrarkrisen zur reichen Kornkammer heranwuchsen. Jede Bevölkerungsschicht wollte mit repräsentativen Bauten ihren neuen Wohlstand, Reichtum und Macht zum Ausdruck bringen. Ob Hochadel, niederer Adel, Bürgertum und Bauern – Jede Gesellschaftsschicht fand ihre eigene Interpretation der Weserrenaissance, z.B. mit Schlössern oder Zwerchhäusern.

Beidseitig des Flusses, vor allem im heutigen Niedersachsen, entstanden eindrucksvolle Bauten im Stil der Weserrenaissance. Die im 16. Jahrhundert in Mode gekommenen, mehrflügeligen Schlossbauten, welche die mittelalterlichen und oftmals düsteren Burgen ablösen sollten, galten dabei als Vorbild für die Weserrenaissance, die kombiniert mit weiteren Stil- und Architektureinflüssen (z.B. Gotik) und regionaltypischen Materialien eine ureigene Handschrift entwickelte. Zum Einsatz kamen für die Bautätigkeit u.a. Sandsteinplatten aus dem Solling, Sandstein aus Obernkirchen (Landkreis Schaumburg) oder Konstruktionsholz aus dem Weserbergland.

Wie jeder bedeutende Baustil hatte auch die Weserrenaissance ihre eigenen Baumeister, die an vielen Bauwerken ihr Meisterzeichen hinterlassen haben. Über 30 dieser Persönlichkeiten, die überwiegend aus Süddeutschland und den Nachbarländern kamen, sind heute namentlich bekannt.

Typische Baumerkmale der Weserrenaissance

Die Weserrenaissance kennzeichnet sich in ihrem Baustil durch besondere Merkmale. Dazu zählen die italienisch inspirierten Welschen Giebel, Kerbschnitt-Bossensteine, Fächerrosetten, Streifenputz und die Utlucht, ein erkerartiger Vorbau. Fassaden und Giebel der Bürgerhäuser wurden mit aufwendigem Zierrat wie Voluten, Obelisken, Kugelbesatz, Masken, Wappen, Schmuckleisten mit Inschriften und Diamantsteinen besetzt. Auch ein großes Dielentor kennzeichnet die prachtvollen Bürgerhäuser im Stil der Weserrenaissance.

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Glas- und Keramikherstellung oder Malerei waren ebenfalls Ausdrucksmöglichkeiten in der Weserrenaissance, die auch in Sachen Mobiliar und Kunst ihre eigenen Ideale hatte. Die Zeit der Weserrenaissance ist eng mit dem Buchdruck und der Kunstfertigkeit des Kupferstichs verbunden, die zur Verbreitung des Stils wesentlich beigetragen haben.

Namhafte Bauwerke der Weserrenaissance in Niedersachsen

Niedersachsen ist ein Zentrum der Weserrenaissance, in kleinen und großen Städten sind  Baudenkmäler zu bestaunen:

  • Alfeld, Alte Lateinschule
  • Aerzen-Königsförde, Schloss Schwöbber
  • Bevern, Schloss
  • Bückeburg, Schloss und Stadtkirche
  • Einbeck, Altes Rathaus und Eickesches Haus
  • Emmerthal, Hämelschenburg
  • Hameln, Rattenfängerhaus und Hochzeitshaus
  • Hehlen, Wasserschloss
  • Helmstedt, Juleum Novum
  • Hülsede, Wasserschloss
  • Osnabrück, Ledenhof und Schelenburg (Schledehausen)
  • Stadthagen, Schloss und Mausoleum
  • Thedinghausen, Erbhof
  • Wolfsburg, Schloss

Weserrenaissance-Museum

Nicht in Niedersachsen, sondern in Nordrhein-Westfalen, in der Stadt Lemgo, findet sich das Weserrenaissance-Museum, das stilgerecht im historischen Wasserschloss untergebracht ist. Die große Sammlung des Hauses lässt den Besucher in die Kulturgeschichte des 16. und 17. Jahrhunderts eintauchen und präsentiert Objekte aus den Themenbereichen Architektur, Möbel, Religion, Bildende Kunst, Wissenschaft, Wirtschaft und Küche. Für Aha-Effekte sorgen das alchemistische Laboratorium und die Kunst- und Wunderkammer. Damit kann ein umfangreiches Bild der Weserrenaissance gezeichnet werden, denn der Stil ist keineswegs allein auf die Architektur begrenzt, auch wenn er darin begründet ist.

Foto: Clipdealer

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